Café mittendrin schließt – das Engagement geht weiter

Gunzenhausen – Der Verein Flüchtlingshilfe Wald e.V. wurde im Frühjahr 2015 in Gunzenhausen-Wald gegründet. Aus der Betroffenheit heraus über das Drama der Kriegsflüchtlinge aus dem Nahen Osten wollten wir vor Ort, in unserer Stadt, in unserer Kommune auf die neuen Herausforderungen reagieren. Unsere Grundhaltung war und ist es, den neuen Mitbürgern mit Menschlichkeit zu begegnen, ihnen bei der Integration in Deutschland zu helfen und dadurch auch unseren Beitrag zu einem friedlichen Zusammenleben von „alten“ und „neuen“ Bürgern in unserer Stadt leisten.

Die Vorsitzende Dr. Beate Klepper berichtete von der Arbeit der Flüchtlingshilfe in Gunzenhausen

 

Seit Gründung des Vereins hat sich vieles in unserer Gesellschaft verändert. Dynamisch und realitätsnah wollen wir weiterhin auf gewandelte Situationen reagieren.

Café mittendrin: Dank unseres großzügigen Unterstützers und Sponsors Martin Hetzner konnten wir im Sommer 2017 das Café mittendrin in der Osianderstraße eröffnen. Ein Ort vieler Begegnungen und integrations- und berufsbegleitender Maßnahmen, wie regelmäßige Sprachtreff für Mütter mit kleinen Kindern, Alphabetisierungs- und Sprachkurse, Gabelstaplerkurse, Beratungstermine, zweisprachige Leseabende, Informationsveranstaltungen, Mitgliederversammlungen, und vieles mehr. In vier Kursen haben wir über 40 anerkannte Flüchtlinge zu Gabelstaplerfahrern ausgebildet. Für einen beachtlichen Anteil von ihnen bedeutete der Flurförderfahrerschein den Einstieg in das Berufsleben, andere konnten dadurch ihren bestehenden Job aufwerten.

Von Anfang an haben wir verstanden, dass Sprache der Schlüssel zur Integration ist, das Tor zu einer neuen Denk- und Sprachwelt, Sprache eröffnet den Zugang zu unserer deutschen Kultur mit unseren Werten und unserem Grundgesetz.

Sprachvermittlung war ein zentrales Anliegen. Um Ehrenamtliche, nicht Profi-DaF (Deutsch als Fremdsprache) Lehrer zu unterstützen, hat unsere Profi-DaFlerin, Veronika Ortega einen Leitfaden zur Sprachvermittlung erarbeitet. Dafür erhielten wir Förderung des Bayerischen Familienministeriums, der Freiwilligenagentur Altmühlfranken, lagfa Bayern und der Firma Hetzner Online. (V. Ortega: „Mehr als Wörter“, erhältlich im Buchhandel ISBN 9783981812503).

Inzwischen sind uns auch gut integrierte Mitbürger mit Fluchthintergrund zu unschätzbaren Stützen geworden – eine junge Äthiopierin gibt Nachhilfe Unterricht, eine Deutsch-Irakerin dolmetscht, übersetzt und gibt Sprachunterricht, u.a.

Nun endet im Juli 2018 der Pachtvertrag für das Café mittendrin – die Immobilie hat einen neuen Eigentümer. Aber unser Engagement und das der aktiven Ehrenamtlichen geht weiter. Denn für die ca. 1260 geflüchteten Menschen ist Integration weiterhin ein schwieriger Prozess Der Prozentsatz an der Gesamtbevölkerung des Landkreises ist etwa 1,3%, die meisten anerkannten Flüchtlinge sind aus Syrien. Sie sind hier und werden wohl noch einige Jahre hier bleiben, haben Familien, Kinder die in die Schulen gehen, Eltern die arbeiten wollen, sich in der Gesellschaft zurechtfinden sollen. Das fordert alle heraus – die Geflüchteten und die Ansässigen. Flüchtlingshilfe Wald e.V. ist daher (noch) nicht überflüssig – unser Einsatz passt sich an die Dynamik der Integration an. Wir machen also weiter und danken den Kirchen in Gunzenhausen für ihre Bereitschaft, uns ihre Räume zu eröffnen, sowie der Stadt Gunzenhausen, die uns die Möglichkeit gibt, auch das Repair Café weiter zu betreiben. Genaueres folgt mit Beginn des neuen Schuljahres.

Projekt „Menschen für Menschen – Möbel mittendrin“: Die veränderte Situation verlangt auch nach weiteren Perspektiven für Geflüchtete und hiesige MitbürgerInnen. Jedes strukturierte, mittel- und langfristige Engagement braucht Ressourcen. Wir möchten für Menschen in sozialen Notlagen da sein, Menschen mit Fluchterfahrung, aber auch Einheimische, betroffen von Altersarmut oder in schwierigen wirtschaftlichen und sozialer Situationen. Aber unser Engagement steht und fällt mit unseren Ehrenamtlichen. Um die Fähigkeiten von Ehrenamtlichen und Engagierten zu nutzen, haben wir im Oktober 2017 das Projekt Möbel mittendrin in Gunzenhausen, Jahnstraße 4 begonnen. Möbel mittendrin hat seitdem Arbeitsplätze für sieben nicht anerkannte Flüchtlinge schaffen können, dank der Zusammenarbeit mit dem vom Jobcenter geförderten FIM Maßnahme (Flüchtlingsintegrationsmaßnahme). Bei uns werden sie nicht nur beschäftigt, sondern auch sozial begleitet, erhalten Sprachunterricht und werden in ganz unterschiedliche Arbeitsabläufe integriert. Einige von ihnen haben dadurch das Vertrauen künftiger Ausbildungsstellen gewonnen und konnten einen Ausbildungsplatz finden.

Mit Möbel mittendrin unterstützen wir nicht nur Geflüchtete, sondern auch Deutsche. Alter, Pflegebedürftigkeit, Tod eines Familienangehörigen zwingen viele ihr Zuhause aufzugeben. Wer von Altersarmut bedroht ist, Rentner, Kleinverdiener, Arbeitslose, alleinstehende Menschen, kann sich meist eine Haushaltsauflösung nicht leisten. Wir machen diese Haushaltsauflösungen (besenrein) unentgeltlich. Was noch brauchbar ist, setzen wir mit unseren geflüchteten Mitarbeiter/innen wieder instand. Durch den günstigen Verkauf bei Lager „Möbel mittendrin“ wird auch gleich der Recyclinggedanke respektiert. Jobcenter und Sozialamt unterstützen uns mit Berechtigungsscheinen für Bedürftige die günstig gute und gepflegte Haushaltswaren, Möbeln und Kleidung auch bei uns erwerben können Allerdings benötigen wir dringend eine größere Halle um die Möbel aufstellen und Reparaturen durchführen zu können.

Natürlich sind alle willkommen – auch Besserverdiener, die vielleicht eine Rarität suchen, Interesse an einem Schnäppchen haben, bei uns einkaufen und uns dadurch unterstützen. Aller Erlös fließt in dieses Projekt direkt ein. Am besten Sie schauen einfach mal vorbei – Dienstag – Donnerstag, 9.30 – 12.00 Uhr und 14.00 – 16.30 Uhr, in der Jahnstraße, hinter dem Restaurant Chilli´s. Es lohnt sich bestimmt!

Leben ist Veränderung – auch wir sind in einer neuen Etappe und freuen uns weiterhin auf positive Aufnahme und Unterstützung.

Quelle: Flüchtlingshilfe Wald e.V., Vorsitzende Dr. Beate Klepper

 

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