Für den Ernstfall muss regelmäßig geprobt werden

Gunzenhausen – In der Notaufnahme des Klinikums Altmühlfranken wird in regelmäßigen Abständen der Ernstfall geprobt: Ein Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten (kurz „MANV“) kann jederzeit eintreten und ist eine besondere Herausforderung für Mitarbeitende und für die Organisation der Klinik. Einblicke in eine fiktive Ausnahmesituation, die jeden Tag Realität werden könnte.

Mediziner, Pflegekräfte und Mitarbeitende des Rettungsdienstes: Jeder hat im Ernstfall seinen Platz – die Abläufe müssen eingespielt sein und Hand in Hand erfolgen.
(Bild: Klinikum Altmühlfranken)

Mittwochmorgen im Klinikum Altmühlfranken: Es ist laut in der Notaufnahme am Standort Gunzenhausen, beinahe alle Behandlungsräume sind belegt, die Ärzte und Pflegekräfte kümmern sich um die zahlreichen verwundeten Patienten. Zeitgleich werden im Minutentakt weitere Verletzte vom Rettungsdienst ins Klinikum gebracht. Plötzlich versuchen besorgte Angehörige in den Röntgenbereich vorzudringen, möchten Details zum Unfallgeschehen und zum Zustand ihrer Lieben erfahren. Die Pflegekräfte und Mediziner versuchen, die Lage zu beruhigen und bitten die Angehörigen um Geduld.

Die eben beschriebene Szenerie ist glücklicherweise eine Übung. Eine fiktive Situation, die jedoch jederzeit Realität werden könnte. In der Notaufnahme des Klinikums wird jedes Jahr der Ernstfall geprobt: Was ist bei einem Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten (kurz „MANV“) zu tun? Wie lassen sich Abläufe optimieren und was gibt es darüber hinaus zu beachten?

Geprobt wird der Ernstfall: ein Massenanfall von Verletzten

Von einem Massenanfall von Verletzten wird gesprochen, wenn durch Unglücke, Krisen, Katastrophen oder Terroranschläge eine große Anzahl von Menschen erkranken oder verletzt werden. In den meisten Fällen passieren solche Ereignisse im Straßenverkehr, bei Bränden oder Betriebsunfällen, weshalb die Verletzten oder Erkrankten vom Rettungsdienst schnellstmöglich in geeignete Kliniken gebracht werden müssen.

Im Rahmen der Übung wird geprobt, wie die interne Kommunikation des Klinikums funktioniert, in welcher Zeitspanne die medizinischen wie pflegerischen Teams in der Notaufnahme eintreffen, nach welchen Regeln die Triage (Festlegung der Behandlungspriorität) der Patienten zu erfolgen hat. In Hinblick auf die Regelung der Krankenhausalarmplanung sind Kliniken verpflichtet, auf einen „MANV“ vorbereitet zu sein. Ziel der Übung ist stets, die medizinische Versorgung möglichst vieler Menschen sicherzustellen.

Zurück ins Klinikum: Über „IVENA“ wird die Zuweisung eines Patienten mit Rauchgasvergiftung mitgeteilt, kurz darauf erfolgt eine weitere Information: Der Transport einer Patientin mit Verdacht auf Schädel-Hirn-Trauma nach Gunzenhausen wird angekündigt.

Interdisziplinärer Versorgungsnachweis essentiell

„Ivena eHealth“ steht für „interdisziplinärer Versorgungsnachweis“ und ist ein essentielles Instrument für die Mitarbeitenden der Notfallmedizin. Mithilfe des Systems werden Informationen zur präklinischen und klinischen Patientenversorgung und über die aktuellen Versorgungsmöglichkeiten ausgetauscht – und das in Echtzeit.

Damit ermöglicht die IT-Anwendung den Krankenhäusern eine frühzeitige Information – und damit die Möglichkeit, sich rechtzeitig auf die Ankunft und Versorgung von Verletzten und Erkrankten vorbereiten können. Darüber hinaus wird die Patientenzuweisung vereinfacht, da erkennbar ist, in welchen Kliniken noch Behandlungskapazitäten vorhanden sind. Ein weiterer Vorteil ist die enge Verzahnung von Rettungsdiensten und Kliniken mithilfe des webbasierten Versorgungsnachweises. Damit gilt „IVENA“ als ein wichtiger Baustein bei der Digitalisierung des Notfallmanagements und ist aus dem Klinikum Altmühlfranken nicht mehr wegzudenken.

Im Rahmen der Übung wird eine verletzte Person nach der anderen in die Notaufnahme gebracht. Während ein junger Mann über starke Schmerzen im Beckenbereich klagt, wird eine ältere Dame mit einer blutenden Wunde im Gesicht eingeliefert. Die Patienten und Angehörigen werden an diesem Mittwochmorgen von Mitarbeitenden des Klinikums gemimt und stellen die Verletzungen täuschend echt dar – wüsste man nicht, dass es sich dabei um eine Übung handelt, könnte man es kaum erahnen.

Als medizinischer Laie und stiller Beobachter der Übung kommt unweigerlich das Gefühl von Angst und Ohnmacht auf – und die Hoffnung, der Fall der Fälle möge nie eintreten. Ein beinahe naiver Wunsch, denn das dargestellte Szenario ist alles andere als unwahrscheinlich: Ein Bus- oder Zugunglück, eine Massenkarambolage, eine Panik auf einem Fest – all das kann jeden Tag und zu jeder Zeit passieren und führt meist unweigerlich zu einer Vielzahl von Verletzten. Die Kliniken müssen also stets auf den Ernstfall vorbereitet sein.

Wo liegt Optimierungsbedarf?

Von den Chef- bis zu den Assistenzärzten, von den Pflegekräften bis hin zu den Sanitätern: Jeder Griff sitzt, die Bereitstellung des CT für die Patientin mit Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma erfolgt innerhalb kürzester Zeit und das breit aufgestellte Team arbeitet Hand in Hand.

Nach der Übung gilt es, Resümee zu ziehen: Was kann verbessert werden und vor allen Dingen: wie? Auch werden im Rahmen der Nachbesprechung noch viele Fragen von Mitarbeitenden des Klinikums gestellt, die erst durch die praktische Übung aufkamen. Klar wurde bei der Übung zudem die begrenzte Kapazität an Räumen und die Wichtigkeit der Triage.

Im Klinikum Altmühlfranken ist der Leitende Oberarzt und Facharzt für Anästhesie und Notfallmedizin, Dr. Thomas Sommerer, nach der Simulation des Ernstfalls weitgehend zufrieden: „Die Zuordnung, wer sich um welchen Patienten kümmert, kann noch optimiert werden, aber darüber hinaus lief es gut.“ Auch Chefarzt Dr. Marc Gutsche lobt den Einsatz seiner Kolleginnen und Kollegen und betont noch einmal die Wichtigkeit dieser Simulation.

Die Hoffnung bleibt, von einem solchen Krisenszenario auch künftig verschont zu werden. Das Wissen um die gute medizinische Versorgung in unserer Region lässt einen einem solchen Ereignis doch etwas gelassener entgegenblicken.

Quelle und Bilder: Klinikum Altmühlfranken – Johanna Müller

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert