Gunzenhausen

Digitale Spaltung im Internet

Gunzenhausen – Bei ihrem Vortrag in der Bücherei machte Doris Aschenbrenner deutlich,

Foto: Stadt Gunzenhausen

dass Spuren beim Surfen nicht zu vermeiden sind

Zum Auftakt der zehnten Medienwelten-Vortragsreihe war mit Doris Aschenbrenner eine Expertin zu Gast, die die aktuelle Medienentwicklung von unterschiedlichen Warten aus verfolgt: Sie ist Robotik-Forscherin, und als Mitglied im Chaos-Computerclub mit der aktuellen Netzpolitik ebenso vertraut wie mit aktuellen Internet-Sicherheitsfragen. Spuren im Internet, digitale Souveränität und die Verantwortung des einzelnen Nutzers im Internet – das waren die Themen ihres Vortrags.

Der Bürgernetzverein Gunnet feiert 2016 gleich zwei Jubiläen – so erläuterte dessen Vorsitzende Monika Wopperer bei der Begrüßung: Zum einen die zehnjährige Zusammenarbeit mit der Stadt- und Schulbücherei, wo gemeinsam die Medienwelten-Vorträge konzipiert und organisiert werden, zum anderen hat der Bürgernetzverein selbst Geburtstag und wird 20 Jahre alt.

Doris Aschenbrenner räumte zu Beginn ihres Vortrags „Recht und Verantwortung im Internet“ gleich mit einem Vorurteil auf: Das Internet sei ein rechtsfreier Raum – stimmt nicht. Ihr Statement: „Die geltenden Rechte gibt es auch im Internet.“ Schwierig sei nur die Kontrolle und die Durchsetzung von Gesetzen, die beispielsweise die Persönlichkeitsrechte betreffen, da die Zahl der Sender im Netz – jeder Nutzer sozialer Netzwerke bringt neue Inhalte ins Netz – stetig steige.
Doris Aschenbrenner hat ein schönes Bild für die rasante digitale Entwicklung parat: Wenn sich der VW-Käfer so weiterentwickelt hätte wie das Internet, würde er heute 3 Cent kosten, wäre so klein wie ein Modellauto und würde sich nahezu mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen. Nicht alle Mitglieder einer Gesellschaft können mit der Netzentwicklung Schritt halten.

Jeder Internetnutzer hinterlässt Spuren im Internet. Doris Aschenbrenner zählte auf: Wer eine Internet-Seite anwählt, erhält für die jeweilige Sitzung eine IP-Adresse. Um eine Antwort erhalten zu können, werden Datum und Uhrzeit der Suchanfrage, das genutzte Betriebssystem und Browser und die gesuchten Seiten während der Sitzung an den Server-Betreiber übermittelt. Durch die unterschiedlichen Konfigurationen im Browser – so eine von der Referentin referierte These des unter https://panopticlick.eff.org aufrufbaren Forschungsprojekts – hinterlassen einzelne Nutzer ein nur für sie typisches Profil. Auf der Seite der Panoptic-Forscher kann man selbst testen, ob der eigene Browser überhaupt einen ebenso konfigurierten Doppelgänger im Netz hat.

Wer im Netz einkauft oder sich auf einer Seite registriert, lässt zu, dass kleine Textdateien auf dem eigenen Computer gespeichert werden: Beim Einkauf eine Session-ID, ein Warenkorb und weitere Benutzereinstellungen. An sich nichts Böses, meint Doris Aschenbrenner.

Cookies können aber auch dazu genutzt werden, die Wege eines Nutzers im Netz zu verfolgen. Mit der Software-Erweiterung für die gängigen Browser „Ghostery“, können Nutzer herausfinden, welche versteckten Dienste Nutzerinformationen an Seitenbetreiber übermitteln und diese blockieren. Doris Aschenbrenner will keine Angst vor einem gläsernen Nutzer schüren, für sie ist klar: Nur wer weiß, was mit seinen Daten geschieht, kann im Netz souverän handeln.

Besonders ging sie auf die Datensammel-Leidenschaft von Facebook ein. Hier seien nicht nur die Mitglieder dieses sozialen Netzwerkes betroffen. Jede Internetseite, die einen Facebook-Button implementiert hat, bietet Facebook sozusagen ein kleines Guckloch, durch das auch die Bewegungen im Netz von Nichtmitgliedern verfolgt werden können.

„Tracking“ heißt hier das Schlagwort. Auch mit Gesundheits- und Fitness-Apps wird ein solches Tracking ermöglicht und hier werden ja tatsächlich sehr persönliche und sensible Daten übermittelt.

Im zweiten Teil ihres Vortrags ging Doris Aschenbrenner auf das für sie als Netzpolitikerin sehr wichtige Thema der Netzethik und des Schutzes von Persönlichkeitsrechten im Internet ein. Besorgniserregend sind für die Referentin die von einem anonymen Pöbel veröffentlichten Hasstiraden in Netz. Hier nutzt ihrer Meinung nach Facebook seine Mittel zu selten, um die Verbreitung rassistischer oder menschenverachtender Inhalt zu unterbinden.

Prinzipiell gilt geltendes Recht auch in Internet und es gäbe viele Hebel des Einschreitens, nur allzu oft keinen Kläger. Anzustreben wäre, wenn der Pressecodex konsequent auf alle publizierten Inhalte angewendet würde. Jeder einzelne solle darauf achten, keine falschen und diffamierenden Behauptungen aufzustellen und vor dem Teilen und Liken von Inhalten die Plausibilität der Quellen zu prüfen.

Falschmeldungen und Diffamierungen solle man nicht übergehen, meint Doris Aschenbrenner und bringt hier das Thema Zivilcourage aufs Tapet. Bei www.anwaltsmahnung.de können bei Facebook gepostete rechtswidrige Inhalte gemeldet werden. Nach einer Prüfung leiten die Seitenbetreiber die Beschwerden an Facebook weiter und fordern eine Löschung der jeweiligen Inhalte. Bei der Seite www.minikama.at kann man Falschmeldungen im Netz anprangern.

Die Bundeszentrale für politische Bildung betreibt die Seite www.jugendschutz.net. Dort können ebenfalls Verstöße gemeldet werden, beispielsweise rechtsradikale oder islamistische Hetze.

Büchereileiterin Carolin Bayer dankte der Referentin und dem aufmerksamen und diskussionsfreudigen Publikum. Sie wies auf die beiden kommenden Medienwelten-Vorträge hin: Am Donnerstag, 18. Februar, steht das Thema „Smart Home – Bausteine für Ihr intelligentes Zuhause“ auf dem Programm und am Donnerstag, 10. März, geht ein 3D-Drucker in den Praxistest, wobei über Grundlagen, Funktion und Anwendungen der neuen Druckergeneration informiert wird.

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