„Gut; dass es solche Leute gibt, die etwas tun und sagen“

Gunzenhausen – Es gärt in unserem Land. Nach dem terroristischem Anschlag auf die Synagoge von Halle mit zwei Toten und mehreren Verletzten versammelten sich rund 70 Teilnehmer zu einem „stillen Gedenken“ an die Opfer vor der Sparkasse in Gunzenhausen. Initiator war Thomas Thill. Er ist 66 Jahre alt, leitete in früheren Jahren das Jugendzentrum der Stadt, arbeitete als Kreisjugendpfleger und engagiert sich seit vielen Jahren in der Lebenshilfe Altmühlfranken in leitender Stelle. Die Teilnehmer kamen zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Auto aus dem Umland. Ihnen allen ist es nicht egal, was in Deutschland derzeit passiert.

Bildnachweis: Reinhard Krüger

Thomas Thill spricht vielen aus dem Herzen wenn er „von einer Tragödie“ redet. Er dachte an die Angehörigen der Ermordeten und Verletzten und er machte eine klare Haltung geltend. „Die Zivilgesellschaft ist gefordert“ sagt er und sie müsse sich veränderten Verhältnissen stellen. Damit dies deutlich wird, gebraucht er drei anschauliche Begriffe: „Aufrecht gehen“ für die Freiheit und Erhalt der demokratischen Rechtsordnung. „Aufrecht sehen“ und nicht zusehen, weil der Hass gegenüber Fremden keine Alternative in unserem Alltagshandeln einnehmen darf. Und schließlich „Aufrecht stehen“ zu einer bedrohlichen Entwicklung gegenüber Andersgläubigen, die bis zum Mord geht.

Es wurde still rund um die Sparkasse, als Thill darum bat, Kerzen anzuzünden und an die Opfer und deren Familien zu denken. Fest nahmen sich die Teilnehmer an die Hand und sprachen sich Worte des Friedens zu. So recht wollten viele nicht gleich weggehen, zu sehr waren die Gedanken noch präsent. „Ich bin eine Betroffene“, sagte beispielsweise eine ältere Frau. „Ich bin Jüdin“. Sie kam aus Hainsfarth. Vermisst habe sie junge Leute und fragte rhetorisch: „Haben wir denn gar nichts gelernt?“ und gab sich selbst die Antwort: „Offensichtlich nicht“.

In die gleiche Kerbe schlug Andrea Rettlinger. Die 59-jährige wurde deutlich: „Keinen Raum diesen Nazis geben. Das hatten wir doch schon mal. Ich will meinen Kindern und Enkel das ersparen“. Ihr Mann Heinz (64) forderte, dass „die Politik endlich wach werden muss“.

Dieser braune Sumpf muss ausgetrocknet werden. „Aktives Handeln“ forderte Christian Oechslein (31) von den Verantwortlichen von Staat und Gesellschaft, denn „wir brauchen 1933 nicht mehr“. Von einem „friedlichen Leben ohne Gewalt und Ressentiments“ sprach Armin Leickert (60). Dazu nötig sei eine „klare Haltung“ zu zeigen und Stellung zu beziehen, sagte er.

Thomas Thill hat so eine Haltung. Er hielt es nicht mehr aus, wollte die Stadtgesellschaft von Gunzenhausen aufrütteln und klar sagen, was ihm seit dem Anschlag von Halle umtreibt. Das ist ihm überzeugend gelungen. Oder wie es ein Teilnehmer beim Verabschieden so formuliert hat: „Gut, dass es solche Leute wie Thill gibt, die etwas tun und sagen“.

Quelle und Bild: Reinhard Krüger

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