Ich werde wieder laufen können

Pfofeld – Wie der fränkische Extremsportler Michael Snehotta seine Angst bewältigt hat berichtete die IKK in ihrer Zeitschrift aktiv + gesund in der Ausgabe vom Januar 2017. Das Protokoll eines doppelten Überlebensprogramms.

Als Extremsportler bin ich durch zahlreiche Länder und die bizarrsten Landschaften gelaufen. Ich kannte mich mit Gefahren aller Art aus und mit dem Gefühl, der Natur ausgeliefert zu sein. Genau in diesen Situationen nach Lösungen zu suchen, um durchzukommen, um das Ziel zu erreichen – das war mein Antrieb, mein Lebenselixier. Auf dem Höhepunkt meiner Karriere schienen mit einem Schlag alle bisherigen Ziele bedeutungslos: Ich bekam die Diagnose Hautkrebs. Mit 35. Ich fiel in ein tiefes Loch, gefolgt von Existenzängsten, Depressionen, Antriebslosigkeit. Nach insgesamt acht Operationen im Gesicht sagte mir der behandelnde Professor, ich könne nie wieder laufen.

Trainingsstart nach der Reha

Trotzdem machte es bei mir irgendwann „klick“. Die Angst vor der Krankheit und davor, mein Leben nicht mehr zu meistern, sollte mich nicht beherrschen. Ich begann wieder zu kämpfen. Und ohne es jemandem zu sagen, setzte ich mir ein neues Ziel: Ich gab mich nicht nur damit zufrieden, gesund zu werden oder überhaupt wieder laufen zu können. Nein, ich hatte Größeres im Sinn: Den „Amazonas Run“ 2010. Einer der härtesten Ultra-Trails der Welt. Nach der Reha habe ich mit dem Training begonnen. Wenn es mir gut geht, dann geht es auch meiner Familie gut, dachte ich mir. Die Vorstellung, wie ich im Dschungel durchs Ziel laufen würde, hat mich durch diese Zeit getragen und mir die nötige Kraft gegeben.

Michael Snehotta vor dem Start des Dschungellaufs.

Mit alten Gewohnheiten brechen

Und ich habe mich auf die Suche gemacht nach Menschen, die mir gesundheitlich helfen konnten. Ob Ärzte, Heilpraktiker, Ernährungsspezialisten – es waren alles Menschen, die wirklich etwas zu erzählen hatten, weil sie selbst viel erlebt haben. Mein Essen habe ich komplett umgestellt: Ich ernährte mich fortan basisch, mit viel Eiweiß und hochwertigen Kohlenhydraten. Mir ging es zunehmend besser, das gab mir Sicherheit. Dazu habe ich mich wochenlang mit dem Dschungel beschäftigt. Ich wusste also, was dort wächst und lebt, und wie ich mich verhalten muss, um durchzukommen.

Mentale Stärke beweisen

Vorbereitung ist alles. Das war schon bei meinen vielen anderen Ultralangstrecken-Läufen und Abenteuer-Touren so. Denn: Der Kopf ist stärker als der Fuß. Immer. Nur er kann die Angst und einen müden Körper besiegen. Es gibt Menschen, die halten mich für verrückt. Sicher, ich bin ein Grenzgänger. Doch Herausforderungen treiben mich an, sie geben mir Freiheit.

Auch Etappen durch hüfthohes Gewässer gehörten zur Tour durch den Dschungel.

220 Kilometer – und keine Angst

Diese Vision brachte mich wieder auf Spur. 336 Tage nach meiner letzten Krebs-OP ging ich im Dschungel an den Start. Mit meinem neuen Überlebens-Set bewältigte ich 220 Kilometer im Amazonas-Becken. Mit brüllenden Affen und Jaguaren, mit Moskitos, Vogelspinnen und riesigen Schlangen. All das war hoch emotional. Von Angst zu versagen, es nicht zu schaffen, keine Spur. Fünf Tage später kam ich im Ziel an – und wieder in meinem Körper. Glücksgefühl pur. Und dem Professor von damals, dem schickte ich eine Karte.

Weiter Informationen über die Aktivitäten von Michael Snehotta erhalten Sie auch unter www.michaelsnehotta.com.

Quelle und Bilder: IKK- classic und Michael Snehotta

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