Lederschuh taucht nach 500 Jahren wieder auf

Eichstätt – Ein mögliches Szenario: Kurz streift man sich im Sommer die Schuhe von den schmerzenden Füßen, doch dann rollt einer davon den Abhang hinab und ist trotz intensiver Suche im hohen Gras nicht mehr auffindbar. So ähnlich könnte es auch einem renaissancezeitlichen Schuhträger nahe Eichstätt ergangen sein. Rund 500 Jahre später konnten Archäologen der Firma ProArch Prospektion und Archäologie GmbH bei den Arbeiten am sogenannten Schaumbergbau, die dort seit Anfang des Jahres laufen, den frühneuzeitlichen Lederschuh sichern.

Kuhmaulschuh von der Willibaldsburg
(Bildnachweis: ProArch Prospektion und Archäologie GmbH)

„Der gut erhaltene Schuh wurde aus den Verfüllungen unter einem Fußboden geborgen“, berichtet Grabungsleiter Anton Steger in diesem Zusammenhang. Das Interessante: Der Schuh ist älter als die Verfüllungen selbst. Für Steger könnte das ein Indiz sein, dass der Schuh und weitere interessante Funde beim Verlegen des Fußbodens samt dem Verfüllungsmaterial für dessen Unterbau von einer anderen Stelle hierher verbracht wurde. Es handelt sich dabei um eine kurzlebige Modeform von Schuhen mit einem an den Mund-Nase-Bereich einer Kuh erinnernden vorderen Abschluss, wie sie vielfach von Landsknechten, aber auch – wenngleich in aufwändigerer Gestaltung – von hochgestellten Persönlichkeiten getragen wurde.

Unklar bleibt, ob der Schuh tatsächlich verloren wurde, oder ob ein nicht mehr reparables Stück entsorgt wurde. Spätmittelalterlichen Schriften zufolge war der Schuhverbrauch indes erheblich. So erhielten beispielsweise Knechte zusätzlich zu ihrer Entlohnung im Schnitt drei bis acht Paar Schuhe pro Jahr, eine Familie mit Angehörigen und Gesinde benötigte pro Halbjahr über 100 Paar Schuhe. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Schuhe zu dieser Zeit nur einen geringen Wert besessen haben. Im Gegenteil! Man versuchte, einen Schuh so lange wie möglich zu nutzen, was alleine schon der Beruf des Flickschusters belegt.

Der entsorgte oder verlorene Schuh ist in jedem Fall erfreulich für die moderne Archäologie, die sich knapp fünf Jahrhunderte später an einem gut erhaltenen Zeugnis längst vergangener Zeiten erfreuen kann. Auch deswegen wird der Fund derzeit gekühlt gelagert und schnellstmöglich in die Restauration des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege verbracht. Denn der Schuh stellt eine willkommene Bereicherung des nicht gerade umfangreichen Bestandes an erhaltenen derartigen Stücken dar.

Quelle und Bilder: Pro Arch Prospektion und Archäologie GmbH – Lisa Schwarzmüller

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