Leserbrief – Herr Bürgermeister, war es all das wert?

Gunzenhausen – Wie der Altmühl-Bote (AB) heute berichtet, sieht die StA Ansbach keine Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten unseres Bürgermeisters durch dessen vorgezogene Corona-Impfung. Und weiter, bei den Vorermittlungen musste auch aber nicht entschieden werden, ob ein Anspruch auf eine Schutzimpfung bestanden habe.

Jetzt warten wir nur noch auf das Ergebnis der dienstaufsichtlichen Prüfung durch das Landratsamt. Deren erste und einzige bisherige Erklärung im AB vom 25. Febr. über die Abläufe widerspricht in den wesentlichen Punkten der des Leiters des „Seckendorff-Heimes“ und des impfenden Arztes, Dr. Siebert. Und eins dürfte schon jetzt feststehen: Entweder hat der Leiter des Impfzentrums vor Ort „Dreck am Stecken“ oder der Heimleiter, eventuell beide.

Ist jetzt unser Bürgermeister rehabilitiert? Beileibe nicht, denn es ging von Anfang an nicht um einen eventuellen Verstoß gegen Strafvorschriften. Es ging hauptsächlich vielmehr um die Frage, ob er und seine Mitarbeiter berechtigt oder nicht vorzeitig geimpft wurden, ob dies unbedingt erforderlich war und die Umstände dabei.

Herr Fitz begründet die Rechtmäßigkeit seines Impfens damit, dass er und seine Mitarbeiter öfter ins Heim gemusst hätten. Seine Angaben über die Anzahl der unbedingt notwendigen Aufenthalte unterscheiden sich darüber, mal sind es häufige, mal regelmäßige, ein anderes Mal nahezu unzählige und im heutigen Artikel im AB ist von im Schnitt einmal in der Woche die Rede.

Auch seine Angaben über die Anzahl der vom Heimleiter gemeldeten Impflinge differieren von Darstellung zu Darstellung. Mal wurden angeblich 70 gemeldet, von denen nur 66 erschienen, heute ist zu lesen, dass aber 66 Impfdosen für zu Impfende bestellt wurden. Aber egal wie viele, immer blieb Impfstoff übrig, den er und seine Mitarbeiter vor dem Verfall retten mussten.

Angaben über die ebenfalls geimpften Mitarbeiter verweigerte unser Stadtoberhaupt bisher. Nach einer Meldung von Radio 8 am 06. März soll es sich vor allem um die Amtsleiter im Rathaus gehandelt haben. Der Sender beruft sich dabei auf „übereinstimmende Quellen“ aus dem Rathaus. Der Vorsitzende der Freien Wähler soll in einem Brief ans Landratsamt „führende Kräfte im Rathaus, seien sie im Hauptamt, im Personalamt, in der Kämmerei oder in der Stabsstelle Informations- und Kommunikationstechnik tätig“ als die geimpften Mitarbeiter angeführt haben (AB vom 02. März).

Und all diese Personen mussten unbedingt immer wieder dienstlich ins „Seckendorff-Heim“ und deshalb vorrangig geimpft werden?

Ich möchte es den Lesern ersparen, all die bisher vorgebrachten Argumente und Begründungen aufzuzählen. Sie widersprechen sich sowieso teilweise oder wirken „wie an den Haaren herbeigezogen“. Und all das diente offensichtlich nur dem einen Zweck: Eine fragwürdige „geheime“ Impfaktion, deren Bekanntwerden nicht einkalkuliert war, im Nachhinein als rechtlich nicht zu beanstandend und unbedingt notwendig darzustellen.

Was anfangs vielleicht nur peinlich und entschuldbar gewesen war, hat unser Bürgermeister, nach der Meinung vieler, durch sein Leugnen, widersprüchliche Darstellungen oder gar durch das Abstempeln von Kritikern zu „Besserwissern“ oder „Denunzianten“ zu einem skandalträchtigen Vorgang gemacht. Er hat dabei seine Verdienste um die Stadt geschmälert und seine Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in ihn stark beeinträchtigt.

In einer Zeit, in der Corona-Impfstoff sehr knapp war, in der nicht einmal alle Notärzte, nicht einmal 50 % des Pflegepersonals in Pflegeeinrichtungen oder die zahlreichen über 80- Jährigen in den Heimen und Zuhause nicht geimpft waren, glaubte unser Bürgermeister und seine Elite von Verwaltungskräften zum Impfen dran zu sein. Sie stellten somit ihr Wohl vor das der tatsächlich gefährdeten Personen und entzogen diesen den Impfstoff.

Herr Fitz hat sich für die Stadt Gunzenhausen zweifellos verdient gemacht. Nach Meinung vieler Bürger hat er aber auch in den letzten Wochen seinen eigenen und den Ruf Gunzenhausens beeinträchtigt, die Staatsverdrossenheit ansteigen lassen und massiv den Glauben an die Gerechtigkeit beim Impfen beschädigt.

In Leserbriefen, die nach Meinung vieler Menschen inhaltlich meist die Stimmung in der Bevölkerung widerspiegeln, musste er berechtigterweise viel Kritik einstecken, sogar die Frage nach seinem Charakter wurde gestellt. Und deshalb stelle ich ihm und den anderen Privilegierten im Rathaus die rhetorische Frage: War es all das wert, auch im Hinblick auf Ihre Familien?

Verfasser: Reinhold Waldemar Jungkunz – Gunzenhausen

Der Leserbrief gibt die Meinung des Verfassers wieder und ist keine Aussage der Redaktion. Im Rahmen des Presserechts sind wir verpflichtet Leserbriefe zu veröffentlichen.

(KH)

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