Schloss Cronheim in besten Händen

Gunzenhausen – Schürze, Kochmütze und Handschuhe. Von einem Sparkassenvorstand darf ordentliche Kleidung schließlich erwartet werden. Und diese stellten die Küche und die hauseigene Schreinerei des Therapiezentrums Schloss Cronheim Burkhard Durschel zu seinem Rollentausch gern zur Verfügung.

Sparkassenvorstand Burkhard Druschel bedankte sich bei Therapiezentrumsleiter Frank Genahl mit einer Spende von 500 Euro für die Einblicke die er an diesen Tag erhalten durfte

Die „Aktion Rollentausch“, entstanden aus einer Idee des Forums Soziales Bayern, wird von der Freien Wohlfahrtspflege Bayern durchgeführt. Der Name „Aktion Rollentausch“ ist Programm: In Form einer Hospitation geben soziale Einrichtungen Gästen aus Politik, Wirtschaft und anderen Bereichen die Möglichkeit, soziale Arbeit und Pflege in der Praxis kennen zu lernen. Die sozialen Einrichtungen können so auf die personellen, finanziellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der sozialen Dienste und Einrichtungen aufmerksam machen, für die Qualität sozialer Arbeit und Pflege werben und für die Lebensumstände der Menschen, die von sozialen Einrichtungen betreut werden,  sensibilisieren. Die „Aktion Rollentausch“ bietet die Chance, Glaubwürdigkeit und Vertrauen in die Arbeit der Einrichtungen zu schaffen.

Die „Aktion Rollentausch“ hat also letztlich das Ziel, einen positiven Meinungsbildungsprozess zugunsten „des Sozialen“ in Bayern zu fördern.

Bereits neunmal fand die Aktion „Rollentausch“ statt, bei der Politiker, Vertreter der Wirtschaft und Kostenträger des Sozialbereichs aus ganz Bayern eingeladen sind, einmal die Perspektiven zu wechseln und sich anzusehen, wie das „soziale Bayern“ ausschaut, wenn man darin arbeitet.

Das AWO-Therapiezentrum nahm heuer bereits zum siebten Mal an der Aktion teil. Zuvor hatten schon der Chef der AOK Bayern, Dr. W. Platzner, Bürgermeister a.D. J. Federschmidt, Bürgermeister Fitz, MdL M. Westphal, Landrat G. Wägemann, CSU Fraktionschef Pappler und Raiffeisenbankvorstand J. Gempel, Bezirkstagspräsident Bartsch und seine Stellvertreterin, Christa Naaß, ebenso wie AWO Vorstand Thomas Bauer und Polizeidienststellenleiter Eckert an der Aktion mitgemacht.

Dieses Jahr fand die Aktion Rollentausch jedoch außerplanmäßig statt, da von Seiten der Organisatoren 2017 kein offizieller Rollentausch vorgesehen war. So etwas hält jedoch das Therapiezentrum nicht auf. Hier ist man Widerstände gewohnt und wächst mit Ihnen so Heimleiter Frank Genahl. Es wäre schade, auf solch eine tolle Aktion zu verzichten, deswegen gehen wir gerne vorneweg.

Für Burkhard Druschel war es der erste Rollentausch. Beim „Rollentausch“ sollen Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit für die Bedeutung und den Wert der sozialen Arbeit sensibilisiert werden. Sie lernen die Bedürfnisse der betreuten Menschen und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort von einer ganz anderen Seite kennen.

Burkhard Druschel lernte in Cronheim nicht nur die Einrichtung kennen, er musste auch direkt mit anpacken.

Der Hospitant wusste vorab nicht was auf ihn zu kam. Umso größer war dann auch bei Druschel die Überraschung, da Heimleiter Genahl in gleich in verschiedenen Bereichen mit einsetzte. So musste er in der Küche das Salatbuffet vorbereiten, nahtlos Einblick in die Ergotherapie nehmen, den sozialen Dienst im ambulanten Betreuten Wohnen begleiten, danach den stationären Sozialdienst beim Gruppengespräch beobachten und zum Abschluss in der Holzwerkstatt mit arbeiten. Zwischendurch gab es immer wieder Kontakte zu Heimleiter Genahl, um Verfahrensabläufe im Hause zu erläutern.

Keine Berührungsängste hatten die Bewohner des Therapiezentrums mit dem Sparkassenvorstand in Kontakt zu treten und so ergaben sich schon während der Einarbeitung erste Gespräche.

Morgens pünktlich zur Arbeit zu erscheinen und das regelmäßig, bzw. nachmittags im Speisesaal mit anwesend zu sein, das ist für die chronisch alkoholkranken Bewohner des Therapiezentrums keine Selbstverständlichkeit, sondern musste und muss von vielen erst wieder mühsam gelernt werden. Das stößt nicht überall auf Wohlwollen, viele wehren sich anfänglich gegen den geregelten Alltag, wollen sich nicht einbringen. Doch auch wenn sie anfänglich gegen ihren Willen da sind, so erkennen die meisten doch sehr schnell, welche Chance sich ihnen im Therapiezentrum bietet.

Der zweite Teil des „Rollentausches“ fand am Nachmittag im Sozialdienst und in der Holzwerkstatt statt. Dort wurde Druschel u.a. in die inspirierende Welt des Modellbaus inmitten der Bewohner eingeführt, durch welchen das Therapiezentrum überregionale Bekanntheit erlangte. Dort erlebte er erste Eindrücke des Arbeitsalltages von Bewohnern der Arbeitstherapie, deren eigen produziertes Angebot unterschiedlichster Waren auf regionalen Märkten angeboten wird.

Die Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt zählt 60 stationäre Betten und stellt zusätzlich bis zu 20 ambulante Plätze für ehemalige Bewohner in der Umgebung zur Verfügung. Die Plätze sind immer restlos belegt, so F. Genahl. Das zeigt auch, wie sehr das soziotherapeutische Setting notwendig ist.

Therapiezentrumsleiter Frank Genahl kann dem „Rollentausch“ nur Gutes abgewinnen:

„Denn was Menschen sehen, erfahren und erleben, das bleibt ihnen im Gedächtnis, ist authentisch, kann sie unmittelbar berühren. Das persönliche Gespräch mit Mitarbeitenden und Klientinnen und Klienten soll bei den Gästen Verständnis für die Belange der betreuten Menschen und der Einrichtung schaffen, es soll helfen, Vorurteile und Ängste abzubauen“.

Im AWO Therapiezentrum Cronheim wird seit der Eröffnung im Oktober 1999 das Ziel verfolgt, chronisch alkoholkranken Menschen bessere Lebensbedingungen zu schaffen und eine größtmögliche Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit in allen Lebensbereichen zu ermöglichen. Über eine durch Vertrauen geprägte Beziehung zum Betreuungspersonal, Motivierung und psychische Mobilisierung zur Überwindung sozialer Ängste soll eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft erfolgen.

Für viele, die ins Schloss einziehen, ist dies die letzte Chance, die allerletzte Möglichkeit zur Umkehr. Wer hier ankommt, hat nach laut Heimleiter Genahl schon alles probiert, um im Leben wieder Fuß zu fassen und ist genauso oft gescheitert.

Daher sind viele Bewohner froh, den Anschluss ans Leben wieder gefunden zu haben.

Frank Genahl bedankte sich ausdrücklich bei Burkhard Druschel mit einem kulinarischen Präsentkorb, die schöne Tradition des Rollentausches in Cronheim fortgesetzt zu haben. Auch Burkhard Druschel war von seinen Eindrücken an diesem Tag sehr begeistert und übergab Frank Genahl eine Spende in Höhe von 500 Euro für das Therapiezentrum als Anerkennung der dort geleisteten Arbeit. Für das nächste Jahr hat sich im Übrigen schon Druschels Vorstandskollege Jürgen Pfeffer angekündigt.

(KH)

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