Stadtrat Peter Reitmaier fordert zum Boykott der Luca-App auf

Gunzenhausen – Um der drohenden Zettelwirtschaft für die Kontaktverfolgung entgegenzutreten,
entstanden diverse Check-in-Systeme für das Smartphone, von denen sich bisher keines flächendeckend durchsetzen konnte. Der Musiker Smudo stellte Normalität und Öffnungen in Aussicht, wenn nur alle zukünftig die Luca-App verwenden.

Peter Reitmaier, Stadtrat der Gemeinschaftsliste von Piraten und der Linken

Durch die fehlende technische Zweckbindung wurden bereits weitere Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit der Luca-App erörtert. Damit entsteht allerdings eine Abhängigkeit von einem einzelnen Privatunternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht. Es muss daher darauf hingewiesen werden, dass die Luca-Erfinder diese möglichen Einnahmequellen wahrscheinlich nicht ungenutzt liegen lassen und die App nicht gänzlich kostenlos bleiben wird.

Luca stellt all das dar, was die Corona-Warn-App nie sein sollte: ein zentrales Erfassungssystem für sensible Bürgerdaten, wie etwa Bewegungsprofile seiner Nutzer*innen. Überdies wird sie betrieben von einem privatwirtschaftlichen, gewinnorientierten Start-up, das augenscheinlich vollkommen überfordert ist und deshalb derzeit weit davon entfernt ist, seine Versprechen einzuhalten.

In den letzten Monaten verging fast kein Tag, an dem nicht neue, peinliche Schwächen des Systems an die Öffentlichkeit gelangen. Im Gegensatz zu dem bayerischen Staatsministerium für Digitales gibt es so gut wie keine IT-Experten, die sich für die Luca-App aussprechen. Im Gegenteil, unzählige warnen davor und rufen zum Boykott auf, so auch der Chaos Computer Club, unter „Luca-App: CCC fordert Bundesnotbremse“, kritisiert die Vereinigung die App drastisch und deren handwerkliche Mängel. Sie fordern „das sofortige Ende der staatlichen Alimentierung von Smudos Steuer-Millionengrab Luca-App“. Selbst einzelne Landesdatenschutzbehörden, die der Luca-App noch Anfang des Jahres ein funktionierendes Verschlüsselungskonzept attestiert hatten, zogen reihenweise ihre Unterstützung zurück.

Das Luca-System erfasst in großem Umfang Bewegungs- und Kontaktdaten: wer war wo, mit wem und in welchen Zeiträumen. Die Daten werden zentralisiert und auf Vorrat bei einem Privatunternehmen gesammelt und gespeichert. Die viel beworbene doppelte Verschlüsselung der Kontaktdaten liefert schon deshalb nicht die versprochene Sicherheit, da sich Bewegungsprofile der Nutzer:innen allein aufgrund der anfallenden Metadaten erstellen lassen. Eine solche umfassende Datensammlung an einer zentralen Stelle birgt massives Missbrauchspotenzial und das Risiko von gravierenden Datenleaks.

Für den Erfolg von digitalen Lösungen zur Kontaktverfolgung ist eine breite Unterstützung der Bevölkerung essenziell. Das gilt insbesondere, wenn diese tief in die Privatsphäre der Bürger*innen eingreifen und in umfassender Weise vertrauliche Daten erheben. Sicherheit und Datenschutz sind elementare Voraussetzungen für die Akzeptanz und damit den erhofften Nutzen. Es gibt Systeme, die in diesem Sinne die Risiken für Bürger*innen auf ein Minimum reduzieren und dabei eine schnellere Benachrichtigung garantieren. Dezentrale, sichere und transparente Lösungen wie die Corona-Warn-App sind mit allen nötigen Funktionen verfügbar und genießen bereits das Vertrauen einer breiten Masse innerhalb der Bevölkerung.

Angesichts der Sicherheitsprobleme droht der Luca-Einsatz zum Fiasko zu werden und eigentlich kann momentan keine Kommune guten Gewissens Luca einsetzen. Trotz aller Mängel und Warnungen hält das Land Bayern, aber auch der hiesige Landkreis und seine Städte an der Luca-App fest. Sie haben sich mit ihren umstrittenen Öffnungskonzepten untrennbar an die Luca gebunden. Modellregionen wie Weimar haben allerdings schon gezeigt, dass sie keinen relevanten Beitrag zur Nachverfolgung leisten konnte und überdies die Unterstützung durch den Betreiber nicht zufriedenstellend war.

Wir fordern Sie eindringlich dazu auf, aufgrund der Mengen an gravierenden Schwächen des zentralen
Erfassungssystems, den Einsatz der Luca-App sofort zu stoppen und stattdessen auf die transparente und sichere Corona-Warn-App zurückzugreifen.

Quelle: Peter Reitmaier, Stadtrat, Piratenpartei

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