Stadtrat Peter Reitmaier teilt die Bedenken des Bürgermeisters gegen ein Böllerverbot an Silvester nicht

Gunzenhausen –  Der Gunzenhäuser Stadtrat Peter Reitmaier möchte ein Verbot von Böllern in der Silvesternacht durch die Stadt  erreichen und kann die rechtlichen Bedenken von Bürgermeister Karl-Heinz Fitz nicht mit teilen.

Anbei eine Darstellung inwieweit Kommunen bereits mit Grundlage bestehenden Rechts
Möglichkeiten zur Steuerung des Abbrennens von pyrotechnischen Erzeugnissen an
Silvester haben (siehe „Rechtsgutachten zu kommunalen Möglichkeiten der Beschränkung
des Abbrennens pyrotechnischer Gegenstände an Silvester“ von Dr. Reiner Geulen und
Prof. Dr. Remo Klinger vom 20.03.2019):

I. Immissionsschutzrechtliche Möglichkeiten:

Das Immissionsschutzrecht des Bundes enthält keine unmittelbar geeigneten Maßnahmen,
um das Abbrennen von Pyrotechnik zu beschränken. Anders sieht es jedoch mit dem
Landesimmissionsschutzrecht aus. Unter anderem in Bayern wurden zwar landesrechtliche
Immissionsschutzregelungen erlassen, im Vergleich zu anderen Bundesländern enthalten
sie jedoch keine Ermächtigungen zugunsten der Gemeinden, mit denen
Silvesterfeuerwerk teilweise oder umfassend beschränkt werden könnte.

II. Sprengstoffrechtliche Möglichkeiten:

Im Bereich des Sprengstoffrechts ist aufgrund von § 23 Abs. 1 der 1. SprengV das
Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände aller Kategorien in unmittelbarer Nähe von
Kirchen, Krankenhäuser, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen
Gebäuden oder Anlagen verboten. Wer vorsätzlich gegen dieses Verbotsnorm verstößt,
handelt ordnungswidrig. Dieses Verbot gilt unmittelbar und ohne dass die Kommunen
weiter tätig werden müssen. Ob es bisher vollzogen wird, ist eine davon zu
unterscheidende Frage.

Weiterhin kann wie von Ihnen angesprochen die zuständige Behörde nach § 24 Abs. 2 S.1
Nr. 1 der 1. SprengV allgemein oder im Einzelfall anordnen, dass Feuerwerkskörper der
Kategorie F2 in der Nähe von Gebäuden oder Anlagen, die besonders brandempfindlich
sind, auch am 31. Dezember und am 1. Januar nicht abgebrannt werden dürfen. Da jedoch
nach § 23. Abs. 1 bereits das Abbrennen jeglicher pyrotechnischer Gegenstände in der Nähe
besonderes brandempfindlicher Gebäude untersagt ist, bedarf es derartiger Anordnungen
nicht mehr.

Die Möglichkeit eines umfassenden oder teilweisen Feuerwerksverbots für
Feuerwerkskörper mit ausschließlicher Knallwirkung ergibt sich auch aus § 24 Abs. 2 S.1
Nr.2 der 1. SprengV für dicht besiedelte Gebiete.

III. Ordnungsrechtliche Möglichkeiten:

Nach den sog. Generalermächtigungen des Ordnungs- und Polizeirechtes der Länder
können die zuständigen Ordnungsbehörden und die Polizei die notwendigen Maßnahmen
treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren.
Zur Durchsetzung dieser Generalermächtigungen können die zuständigen Behörden
entsprechende Allgemeinverfügungen erlassen. In einigen Städten wird das Abbrennen von
Silvesterfeuerwerk bereits auf diese Art und Weise beschränkt.

Rechtsgrundlage für den Erlass einer ordnungsrechtlichen Allgemeinverfügung ist die
Generalklausel des Polizei- und Ordnungsrechts des jeweiligen Landes. Die Generalklausel
ermächtigen zu einer Handlung zur Abwehr einer bestehenden Gefahr für die öffentliche
Sicherheit.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung besteht Einigkeit dahingehend, dass
„…ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr eine konkrete Gefahr voraussetzt.
Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d.h. eine konkrete
Sachlage oder ein konkretes Verhalten, bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu
erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt
braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein.“

Im Rahmen der Generalklauseln geht es demnach um die Abwendung eines bei
ungehinderten Geschehensablauf zu erwartenden Schadens für die Schutzgüter der
öffentlichen Sicherheit. Die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit umfassen neben der
Unverletzlichkeit der Normen der Rechtsordnung die Unversehrtheit von Leben,
Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen des Einzelnen sowie den Bestand und das
Funktionieren des Staates und seiner Einrichtungen.

Ordnungsrechtliche Allgemeinverfügungen könnten grundsätzlich zu Silvester erlassen
werden, wenn sie erforderlich sind, um die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung zu schützen,
drohende Schäden für das Leben und die Gesundheit von Personen zu verhindern. Der
Erlass von auf ordnungsrechtlichen Generalermächtigungen beruhenden
Allgemeinverfügungen ist grundsätzlich auch geeignet diesen Zweck zu erfüllen.

Da unter der konkreten Sachlage der Corona-Pandemie und den bereits überfüllten
Krankenhäuser bei ungehinderten Geschehensablauf in der Silvesternacht Verletze durch
Pyrotechnik zu erwarten sind, stellt dies eine konkrete zusätzliche Gefahr für Leben und
Gesundheit der Bürger dar. Der Stadtrat muss daher untersuchen, ob nur umfassende
Begrenzungen einen ausreichenden Schutz vor einer Verletzung der Rechtsordnung und für
das Leben und Gesundheit von Personen bieten. Ist die Sicherheit nur durch eine
weitreichende Beschränkung gewährleistet, haben wir die rechtliche Möglichkeit, ein
flächendeckendes Feuerwerksverbot auszusprechen. Der Vollzug eines weitreichenden
Feuerwerksverbotes ist zudem einfacher, als der Vollzug von Einzelverboten.

Wie Sie sehen, fallen die unter III. beschriebenen Möglichkeiten nicht unter § 24 Abs. der 1.
SprengV und finden keinen Anwendungsbereich im Infektionsschutz. Nach dieser
Einschätzung ist es die Aufgabe des Stadtrates über den Sachverhalt zu entscheiden. Der in
diesem Gremium eingebrachte Antrag ist somit auch nicht rechtswidrig. Eine zusätzliche
Prüfung durch die Rechtsaufsicht nach den Regelungen in der bayerischen
Gemeindeordnung ist ein sinnvoller und zu empfehlender Weg.

Quelle und Bild: Peter Reitmaier – Stadtrat – Piratenpartei

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