Von großen Trommeln und anderen Schlaginstrumenten – Elbtonal Percussion begeisterte in der Gunzenhäuser Stadthalle

Gunzenhausen – Elbtonal Percussion, das sind vier sympathische Musiker, die gerne mal auf den Putz hauen. Aber nicht nur darauf! Die Hamburger Jungs sind international renommierte Schlagzeugprofis, doch sich allein an Snare Drums, Hi-Hats oder Becken abzuarbeiten, das wäre für ihren Anspruch dann wohl doch zu einseitig oder gar langweilig. Ihr Repertoire an Schlag- oder tönenden Alltagsinstrumenten führt rund um die Welt, im Portfolio gibt es u.a. japanische Taiko-Trommeln, afrikanische Marimbaphone, österreichische Kuhglocken und Regentonnen aus dem Baumarkt um die Ecke. Elbtonal Percussion sind eine energiegeladene Urgewalt, die ihr Publikum in einen Strudel aus Atmosphäre, Klangfarben und Komik zieht. Ein unvergesslicher Abend und mit Sicherheit das außergewöhnlichste Klassikkonzert, das die neue Stadthalle bisher erleben durfte.

Foto: Stadt Gunzenhausen

Francisco Manuel Anguas Rodriguez, Jan-Frederick Behrend, Stephan Krause und Sönke Schreiber haben berufsbezogen nicht nur ganz viel Taktgefühl, sondern auch ein ganz feines Antennchen für die Stimmungen des Publikums. Sie spielen nicht nur, sie schauspielern. Ganz in schwarz gekleidet, die Köpfe leicht nach unten geneigt und bewegungsreduziert mit einem perfekt-choreografierten Timing. Die Leidenschaft ist schlichtweg beeindruckend und es ist ein Erlebnis, dem Quartett zuschauen und zuhören zu dürfen. Tatsächlich wird am Ende eindrucksvolle Musik draus, selbst wenn nur geschlagen und getrommelt wird. Sogar die Cellosuiten Bachs lassen sich darstellen und mittels diverser Schlagwerkzeuge in feinsten Nuancen erfahren. Manchmal reicht nicht ein Schläger, denn bis zu vier davon finden in zwei Händen Platz. Ein komplexes Spiel, das nichts für Amateure ist. Klar, dass auch die Grand Dame des ausgefallenen Marimbaphonspiels, Keiko Abe, interpretiert wurde. Deren raumgreifende Komposition „The Wave“ rollte förmlich als Klangteppich über das Publikum und sorgte für zwischenzeitliches Standing Ovation mit Freudenpfiffen und dem ein oder anderem Zwischenruf.

Elbtonal Percussion versprachen eine kleine musikalische Weltreise und so ging es klangtechnisch mit Philip Glass´ „Madeira River“ in den harten Wilden Westen, mit John Cages „Third Construction“ in die surreal-französische Komödienwelt der 1990er-Jahre oder mit Nigel Westlakes „Omphalo Centric Lecture“ an die Wiege des Marimbaphones, nämlich zu den afrikanischen Balaphons, diesen großen Xylophonen, die eher Klavieren als den kleinen Instrumenten aus dem Schulmusikunterricht ähneln. Der hypnotisch geschlagene Radiohead-Song „Daydreaming“ war dagegen gefühlvoll und sehr farbenreich – ein krasser Gegensatz zu den wilden und lauten Passagen in Ivan Trevions „Catching Shadows“. Mit einem Eimer- und Regentonnenmedley ging der kurzweilige und sehr interessante Konzertabend zu Ende.

Doch war das nun Klassik, so ganz ohne Flügel, Saiten- oder Blasinstrument? Auf jeden Fall und noch viel mehr. Elbtonal Percussion ist eine Evolutionsstufe emporgestiegen und interpretiert nicht mehr nur die alten Meister, sondern fügt dem Alt-Bewährten noch das geordnete Chaos hinzu. Das ist harte Arbeit, wovon die Schweißtropfen auf den Stirnen der Künstler im Scheinwerferlicht kleine Geschichten erzählen konnten. Das Publikum wird ständig aufs Neue überrascht und auf eine musikalische Achterbahn der Gefühle geschickt. Dazu ist das abwechslungsreiche Konzert des Quartetts eine sinnliche Erfahrung, die bis in die Magengegend vordringt. Die Zuschauerinnen und Zuschauer waren dementsprechend begeistert und – um eine Dame aus einer der hinteren Reihen zu zitieren – „ganz aus dem Häuschen“.

Der Auftritt von Elbtonal Percussion war Teil der 2. Gunzenhäuser Konzertreihe. Diese findet am Sonntag, den 12. März 2023, um 19.30 Uhr mit dem Auftritt des Künstlerduos Claudio Bohórquez und Péter Nagy eine musikalische Fortsetzung. Nähere Informationen hierzu erhalten Sie unter www.gunzenhausen.info

Quelle: Stadt Gunzenhausen – Manuel Grosser

 

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