Weißenburger Werkstätten als Paradebeispiel für Inklusion

Weißenburg – Der jüngste Unternehmensbesuch von Landrat Gerhard Wägemann führte in die Werkstätten der Lebenshilfe Altmühlfranken. In den Weißenburger Werkshallen warteten dabei so einige verblüffende Überraschungen auf die Besucher aus dem Landratsamt.

Geschäftsführer Günther Laubinger (1. v. l.), der Vorsitzende der Lebenshilfe Altmühlfranken e. V. Wilfried Etschel (2. v. l.) und Mitarbeiter Manuel Blob (1. v. r.) präsentierten Landrat Gerhard Wägemann bei seinem Unternehmensbesuch eine enorme Bandbreite an Produkten, die in den Weißenburger Werkstätten gefertigt werden. (Bildnachweis: Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen)

Wird nach einem Beispiel für gelebte Inklusion gefragt, so dürfte einem sicherlich die Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) in Weißenburg einfallen, welche von der Lebenshilfe Altmühlfranken e. V. betrieben wird. Mittlerweile 225 Menschen mit körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung finden in diesem Betrieb pass genaue Arbeitsplätze, an denen sie tagtäglich unter Anleitung von Gruppenleitern hervorragende Arbeit verrichten. Diese besondere Betriebsstätte innerhalb der Arbeitswelt stellte für Landrat Gerhard Wägemann Grund genug dar, die Abläufe und Produkte der Werkstätten einmal näher kennen zulernen.

Empfangen wurden die Besucher von Geschäftsführer Günther Laubinger, dessen Vater bereits das Unternehmen einst leitete. Weiterhin nahmen der Vorstand der Lebenshilfe Altmühlfranken, Wilfried Etschel, sowie der Geschäftsführer der Lebenshilfe, Martin Britz, am Betriebsrundgang teil. Die Führung durch das Unternehmen brachte dabei für die Besucher einige erstaunliche Fakten zutage.

Das Unternehmen kann mittlerweile bis zu 5.000 verschiedene Artikel herstellen, womit es sich nicht vor anderen Betrieben verstecken braucht. Dabei reicht die Bandbreite an Produkten vom klassischen Massenartikel bis hin zu speziellen Einzelstücken. „Besonders Oldtimer- und Harleyfreunde, aber auch nahezu alle Metallbauer des Landkreises lassen ihre Bauteile bei uns veredeln.“, schwärmte Laubinger. Allein 1,3 Millionen Bauteile für Fensterbänke werden pro Jahr in der Pulverbeschichtung behandelt, einem Unternehmensbereich, der mit sechs unabhängigen Lackierstraßen enorme Ausmaße erreicht hat. Neben den weit über den Landkreis bekannten Produkten der hauseigenen Schreinerei, beispielsweise die hochwertigen Bierzeltgarnituren, übernehmen die Weißenburger Werkstätten in allen Geschäftsbereichen aber vor allem Aufträge von Partnerunternehmen. Metall- oder Holzbearbeitung, Leuchtenbau und Elektromontage oder Kabelkonfektion, die WfbM bietet hier zahlreiche Möglichkeiten der Zusammenarbeit an.

Ein Beispiel für die dabei vorherrschende Qualität der ausgeführten Arbeiten ist der Auftrag eines Unternehmens, welches die Montage von Elektrosteckern bei der Lebenshilfe durchführen lässt. Die pro Jahr eingesetzten 900 km Kabel werden in Handarbeit mit speziellen Steckern verbunden, sodass jährlich 120.000 Kabelbäume für ferngesteuerte Garagentore das Werk verlassen. „Nach einem Jahr rief uns der Geschäftsführer verblüfft an, da er keine einzige Reklamation vornehmen musste!“, berichtete Laubinger sichtlich stolz. Eine beachtliche Quote, die durch die engagierte Arbeit der Mitarbeiter sowie einer 100% Kontrolle der auszuliefernden Bauteile gewährleistet wird. Ganz nebenbei hat dieser Auftrag auch für ein neues Produkt innerhalb der Schreinerei gesorgt. Da das beauftragende Unternehmen von Mehrweg-Kabeltrommeln auf Einweg umstellte, sollte die Lebenshilfe die Kosten für die Entsorgung übernehmen. Ein paar Überlegungen sowie eine findige Idee später werden die Trommeln nun kurzerhand zu rustikalen Stehtischen aufgewertet und finden so eine neue Verwendung. „Wir sind ständig bemüht, neue Produkte zu entwickeln.“, betonte der Geschäftsführer mit einem zufriedenen Lächeln.

„Wir passen die Arbeit an die Menschen an!“, so lautet der unumstrittene Leitspruch bei den Weißenburger Werkstätten. Und dass dies nicht nur eine Floskel ist, wird beim Rundgang durchaus deutlich. Nach dem einführenden Berufsbildungsbereich wechseln neue Mitarbeiter in den Arbeitsbereich, in dem Sie je nach personenbezogenem Tätigkeitsbereich individuell angepasste Arbeitsplätze vorfinden. So kann es schon einmal vorkommen, dass eine CNC Maschine sozusagen „rückwärts programmiert“ wird, um einzelne Arbeitsschritte zu erleichtern. Ein Projekt, das selbst beim Hersteller der Maschine Staunen auslöst.

Unterstützt werden die Mitarbeiter dabei immer von Gruppenleitern und verschiedenen Fachdiensten, die beratend zur Seite stehen. So ist durchaus eine Weiterentwicklung innerhalb des Unternehmens möglich, unter anderem sogar bis zum Gruppenassistent. Diese zweijährige Weiterbildung wird innerhalb eines Zusammenschlusses vierer mittelfränkischen Lebenshilfen angeboten und soll bei entsprechender persönlicher Eignung als Sprungbrett in den ersten Arbeitsmarkt dienen.

Neben den Werkstätten wirkt die Lebenshilfe jedoch auch noch in anderen Bereichen innerhalb der Gesellschaft des Landkreises und darüber hinaus. Die Förderstätte in der Weißenburger Wiesenstraße ist eine anerkannte Einrichtung der Eingliederungshilfe und hat nun mit speziellen Angeboten für Menschen mit Autismus ihr Tätigkeitsspektrum nochmals erweitert. Außerdem ist das Projekt „Café LebensKunst“, bei dem sich Menschen mit und ohne Handicap tagtäglich begegnen, ein gelebtes Beispiel für Inklusion. Die Cafés haben Standorte in Weißenburg, Gunzenhausen und Treuchtlingen und sind somit in den drei großen Städten des Landkreises vertreten. „Wir als Lebenshilfe sind in der Region gut integriert und gehören in Weißenburg fest zum Stadtbild, auch dank des Engagements zahlreicher Ehrenamtlicher im Hintergrund.“, erklärten Wilfried Etschel und Martin Britz dem Landrat. Dieser zeigte sich beeindruckt vom Betriebsbesuch und wusste die gute Arbeit zu schätzen. „Vor allem die verbindenden Elemente sowie das Eingehen auf das Können der einzelnen Mitarbeiter macht diese Form der Zusammenarbeit so besonders!“, stellte er fest.

Nach der informativen Unternehmensführung verabschiedete sich Landrat Gerhard Wägemann von den Gastgebern. Doch der Abschied soll nicht von langer Dauer währen, denn bereits am Wochenende des 20. und 21. Juli wird die Lebenshilfe ihr 50 jähriges Bestehen feiern, zu dem neben dem Landrat selbstverständlich auch die Bevölkerung recht herzlich eingeladen ist.

Quelle und Bild: Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert