Muskelkraft, Männerberuf und Mädchen mit Mut

Weißenburg – Immer mehr Frauen fassen im Handwerk Fuß. Der Frauenanteil bei den bestandenen Meisterprüfungen hat sich in den vergangenen Jahren fast verdoppelt. Die Gleichstellungsstelle macht darauf aufmerksam, dass das Potential noch lange nicht ausgeschöpft ist. Die 15-jährige Schülerin Marie Winkler hat es gewagt und in den typischen Männerberuf „Hufbeschlagsschmied/in“ hinein geschnuppert.

Wenn Frauen ein Handwerk ausüben, arbeiten die meisten als Friseurinnen. Doch auch immer häufiger ergreifen sie traditionell männliche Berufe. Wie auf diesem Bild zu sehen ist, Hufschmiedin Tamara Brunner (rechts).
(Bildnachweis: Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen)

Früher gehörte der Hufschmied zum festen Inventar eines jeden Dorfes. Heute ist es eine ehr seltene Zunft. Vor allem die weiblichen Hufbeschlagsschmiede sind rar gesät. Tamara Brunner ist als Hufbeschlagsschmiedin in eine wahrliche Männerdomäne eingedrungen: „In den vergangenen 50 Jahren absolvierten von 580 Auszubildenden lediglich 18 Frauen die Ausbildung an der Staatlichen Hufbeschlagsschule in Schwaiganger.“

Marie Winkler merkte nach einem Tag auf Tour mit der Hufschmiedin, dass viel körperliche Arbeit hinter diesem Berufsbild steckt und dass es sich um eine verantwortungsvolle Aufgabe handelt: „Bei kranken Pferden muss man eng mit Tierärzten kooperieren. Aber auch den Vorstellungen der Pferdebesitzer muss man gerecht werden. Ganz abgesehen von den anatomischen Kenntnissen und Ansprüchen des Pferdes.“ Nach einem anstrengenden Tag – oft auch bei Wind und Wetter – müssen am Abend noch Rechnungen geschrieben und die Buchhaltung erledigt werden.

Ob Marie nun den Ausbildungsweg zur Hufschmiedin wählt? Sie ist sich noch nicht sicher. Der Blick über die Schulter und das Hand anlegen haben auf jeden Fall viel bewirkt. „Man fährt nicht zu den Höfen, um Ponys zu streicheln“, weiß die 15-jährige Marie. Hufschmiedin Tamara Brunner kam über das eigene Pferd und den Wunsch etwas Handwerkliches zu tun, zu ihrem doch sehr speziellen Beruf. Sie ist heute die einzig aktive Hufbeschlagsschmiedin in ganz Mittelfranken. In einem Umkreis von 35 Kilometer betreut sie seither ihre vier- und zweibeinigen Kunden. Ihr Kundengebiet liegt im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen.

Frauen im Handwerk sind auf dem Vormarsch. Laut des Zentralverbandes des deutschen Handwerkes sind fast 27 Prozent aller neuen Auszubildenden im Handwerk weiblich. Mehr als 20 Prozent der Meisterprüfungen werden von Frauen abgelegt, der Frauenanteil hat sich damit in den vergangenen 20 Jahren fast verdoppelt. Überdies wagen immer mehr Frauen im Handwerk den Schritt in die Selbstständigkeit: Jeder vierte Gründer ist inzwischen weiblich, dies sind 24 Prozent. Auch bei den Familienbetrieben spielen Frauen eine wichtige Rolle. 75 Prozent der Handwerksbetriebe sind Familienbetriebe, die von einem Ehepaar geleitet werden. Als Unternehmerfrau nehmen sie im Handwerk vielfältige Führungsaufgaben war und sind als „Mit-Chefin“ im Betrieb beteiligt.

Dies zeigt, dass der seit vielen Jahren durchgeführte Girl’s Day Wirkung hat. Am diesjährigen bundesweiten Girl’s Day nahmen im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen 243 Mädchen in 59 Betrieben teil. Die Mädchen erhielten dadurch interessante Einblicke in technische Berufe und hilfreiche Impulse für die Entscheidung ihrer Berufswahl. „Viele Mädchen entscheiden sich noch immer für frauentypische und damit meist schlechter bezahlte Berufe mit geringen Aufstiegschancen – obwohl die Fähigkeiten und Interessen oft in die Richtung von traditionell männlichen Berufen gehen“, so die Gleichstellungsbeauftragte Ines Dirsch.

Doch dies ändert sich, nicht zuletzt dank der zahlreichen Kampagnen. Auch das deutsche Handwerk wirbt im Internet um Frauen für eine Ausbildung im Handwerk zu gewinnen. Texten wie „Du scheust dich nicht, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, um Altes zu reparieren oder Neues zu erschaffen? Dein Talent solltest du zum Beruf machen, denn es gibt genug handwerkliche Jobs, die auf dich warten!“ sind dort zu finden.

Quelle und Bild: Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen

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