7. Literarischer Spaziergang durch Gunzenhausen

Gunzenhausen – Da war was los, und das ganz ohne Schulpflicht! Letzten Donnerstagabend platzte der ein oder andere Lehrsaal der Gunzenhäuser Berufsschule aus allen Nähten. Alle halbe Stunde tauchte ein Trupp gut gelaunter Menschen auf, blieb für gut 20 Minuten und war dann schnell wieder weg. Was war passiert? Die Kulturmacherei Gunzenhausen e.V. hatte zu ihrem beliebten Literarischen Spaziergang durch die Altmühlstadt eingeladen. Diesmal hatte sich das Orga-Team um Ulrike Fischer das Staatliche Berufliche Schulzentrum Altmühlfranken in der Bismarckstraße für die kostenlose Lesereise aus-gesucht. Zusätzlich wurde im Unterirdischen Hilfskrankenhaus eine Gruselstory vorgelesen. Geschichtenherz, was willst du mehr? Was sicherlich nicht alle wissen: Der Literarische Spaziergang ist nicht nur was für Büchernerds, Hochkulturjunkies, Literaturwissenschaftler und Co., sondern richtet sich generationsübergreifend an Kulturbegeisterte, die gerne Geschichten hören und ein paar schöne Momente mit Gleichgesinnten erleben wollen.

Marvin Hofer

Gelesen werden traditionell 20-minütige Kurzgeschichten oder Textauszüge aus Büchern, fünfmal an fünf verschiedenen Orten. Ohne festgelegten Weg und Programm können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer beliebigen Station den Spaziergang beginnen und während der Veranstaltung entscheiden, welchen Leseplatz sie als nächstes besuchen wollen.

In der Werkstatt der Maurer ließ Renate Wittmann die Zuhörerinnen und Zuhörer an einem Culture clash bzw. an einer kleinen Sozialstudie der etwas anderen Sorte teilhaben. Sie las aus Juli Zehs Bestseller „Über Menschen“ und rückte das pointiert beschriebene Aufeinandertreffen einer Werbetexterin aus der Stadt auf einen Neonazi vom Dorf in den Mittelpunkt.

Die zweite Lesestation führte in den Schulungsraum der Metallbauer. Christine Höller las dort eine kurze, spannende Geschichte über die Fehde zweier alter Grandler. In „Das Wasserloch“ von Ernst Wilhelm Heine geht es um Schicksal, Rivalität und Vergebung. Und, dass Hoffnung manchmal eben doch zuletzt stirbt.

Marvin Hofer begrüßte Literaturfreunde in der mit allerlei Arbeitsgerät ausgestatteten Werkstatt der Zimmerleute. Sein passender Buch-Tipp für Leserinnen und Leser jeder Generation: „Der Kleine Holzroboter und die Baumstumpfprinzessin“ von Tom Gauld. Dabei handelt es sich um ein charmant-skurriles Märchen, verpackt in tolle Bilder.

Kerstin Zels erwartete ihre Zuhörergäste in der Küche der Hauswirtschafterinen und Hauswirtschafter. Die Geschichte musste entsprechend ums Essen gehen und so fiel die Wahl auf „Die drei dicken Damen von Antibes“ von William Somerset Maugham. Diese literarische Essenschlacht ist ein platonischer Genuss und wurde toll vorgetragen.

Im morbid-charmanten Unterirdischen Hilfskrankenhaus las Wolfgang Eckerlein zwar nicht die Kammer des Schreckens vor, hatte jedoch mit Edgar Allan Poes Kurzgeschichte „Lebendig begraben“ den Gruselfaktor definitiv auf seiner Seite. Seine Lesungen wurden von Klängen des Alain Parson Projects begleitet, die Briten hatten Erzählungen des Autors vor Jahrzehnten musikalisch interpretiert.

Der Literarische Spaziergang war ein voller Erfolg, teilweise reichten die Plätze gar nicht. Schon jetzt freut sich die Kulturmacherei Gunzenhausen e.V. daher auf die Fortsetzung im nächsten Jahr. Wer Näheres über den Gunzenhäuser Verein wissen möchte, der sich nebenbei auch immer über neue Mitglieder freut, für den ist die Internetseite www.diekulturmacherei.de erste Anlaufstelle.

Quelle und Bilder: Kulturmacherei Gunzenhausen

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