Organspende: Nein zur Widerspruchslösung, Ja zur aktiven Zustimmung

Gunzenhausen – Die Schüler der 10. Klassen des Simon-Marius-Gymnasiums wurden von Dr. Marc Gutsche, Chefarzt Anästhesie und Intensivmedizin sowie Transplantationsbeauftragter des Klinikums Altmühlfranken über das momentan aktuell diskutierte Thema Organspende informiert. Zusammen mit ihren Biologielehrern setzten sich die Schüler näher mit dem Thema „Transplantation“ auseinander. Im Anschluss an den Vortrag von Dr. Gutsche der Geschichte einer Betroffenen Gehör schenken. Organempfängerin Frau Egelseer erzählte die bewegende und zugleich tragische Geschichte ihrer Krankheit.


Teilnehmer der Veranstaltung zum Thema Organspende: (v. l. n. r.) Biologielehrer Klaus Scharrer, Regina Egelseer (RG Leiterin Landesverband Niere Bayern e.V.),
Dr. Marc Gutsche (Chefarzt und Transplantationsbeauftragter des Klinikums Altmühlfranken), Biologielehrerin Alexandra Kresse. (Bild: Laura Brödel für Klinikum Altmühlfranken)

10.100 Menschen warten bundesweit auf ein Organ, knapp 2600 Transplantationen finden jährlich statt. In 24% der Fälle stimmen die Angehörigen einer Organspende nicht zu, weil sie keine Kenntnis von der Einstellung des Verstorbenen zum Thema haben oder nicht wissen, dass dieser im Besitz eines Organspenderausweises ist.

Deshalb ist es wichtig, dass Jugendliche, die ab dem 16. Lebensjahr die Möglichkeit haben, ihr Einverständnis zur Organspende zu erklären, über diese Thematik informiert werden. „Das soll keine Werbung sein, sondern Information, um euch mit dem Thema vertraut zu machen, euch einzulesen und euch eure eigene Meinung dazu zu bilden. Darum geht es mir.“, erklärte der Chefarzt, der gleichzeitig Transplantationsbeauftragter am Klinikum ist, den Schülern in der Aula des Simon-Marius-Gymnasiums in Gunzenhausen.

Auch in der Politik ist das Thema gerade höchst aktuell. Erst Mitte Januar 2020 wurde im Deutschen Bundestag über das Thema abgestimmt. Der Bundestag lehnte einen Vorstoß einer Abgeordnetengruppe um Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ab. Diese hatte eine „doppelte Widerspruchslösung“ vorgeschlagen, nach der künftig jeder als Spender gelten sollte – außer man widerspricht. Zustimmung gab es für eine moderatere Reform. Demnach soll mehr für die Organspende geworben werden, die Menschen müssen aber weiterhin aktiv zustimmen.

Im internationalen Vergleich liegt Deutschland bezüglich der Anzahl an postmortalen Organspenden an letzter Stelle. Um dem entgegenzuwirken, soll nun durch bessere Kommunikation und Aufklärung, beispielsweise beim Beantragen eines neuen Personalausweises im Bürgeramt, den Bürgern die Relevanz des Organspendens näher gebracht werden.

Nach den Erklärungen Dr. Gutsches über die rechtlichen Voraussetzungen sowie die medizinischen Möglichkeiten und Grenzen von Transplantation und Organspende, beantwortete der Chefarzt die Fragen der Anwesenden. Eine interessante formulierte Herr Scharrer, Biologielehrer am SMG. Er fragte, ob die Deutschen weniger Spenderorgane bekämen, weil sie im Vergleich zu anderen Ländern weniger spenden würden. Daraufhin erläuterte Dr. Gutsche, dass die Organe unabhängig von der Nationalität gespendet werden. Es werde nur die beste Passung der Organe angestrebt.

Abschließend berichtete Organempfängerin Regina Egelseer aus Dietenhofen bei Ansbach über den unerwarteten Ausbruch ihrer Krankheit. Sie stand mitten im Leben, als bei ihr ein Nierenversagen festgestellt wurde. Die Gymnasiasten hingen gebannt an ihren Lippen, als sie über den weiteren Verlauf ihrer Erkrankung berichtete. 70 kg Wasser hatten sich im Körper angesammelt, bis zunächst die Dialyse langsam wieder entfernt wurde. Sie erhielt viele Bluttransfusionen und musste auch mit einer Sepsis kämpfen. Sie wurde insgesamt vier Monate auf der Intensivstation behandelt und kämpfte um ihr Überleben. Ihre Familie hatte sich schon von ihr verabschiedet. Die Ärzte sahen kaum eine Überlebenschance – doch wie durch ein Wunder überlebte sie. Danach kam sie in Reha und musste viele Aktivitäten wieder neu lernen. Zwei Jahre dauerte es, bis sie sich stabilisiert hatte, so dass ihr eine Niere transplantiert werden konnte. Doch die Umstände brachten viele Nebenerkrankungen und -wirkungen mit sich. Nach kurzer Zeit erlitt sie eine Infektion und eine Abstoßungsreaktion. Nachdem sie vier Jahre mit der „geschenkten“ Niere fast normal leben konnte, wurde das Organ erneut abgestoßen, sodass wieder mit der Dialyse begonnen werden musste.

Jeden zweiten Tag muss Regina Egelseer zur Blutwäsche, was sie sehr in ihrem Alltagsleben einschränkt. „Es fühlt sich an, als würde man jeden zweiten Tag einen Marathon laufen.“ Eine zweite Transplantation komme zurzeit nicht infrage, da sie durch die vielen Bluttransfusionen und die Nierentransplantation zu viele Antikörper hat. „Ich habe gelernt mit der Situation zu leben.“ sagt Regina Egelseer, die derzeit auch den Nieren- und Dialyseverein in der Region leitet.

Ein solches Schicksal kann jede und jeden von uns betreffen und wir können schon morgen in die Situation kommen, eine Organ­spende zu benötigen – sei es durch eine Krankheit oder durch einen Unfall. Deshalb ist es wichtig, verstärkt aufzuklären, um weit verbreitete Ängste und Vorurteile abzubauen. Jeder sollte sich bewusst für oder gegen eine Organspende entscheiden. Aber nur, wer gut informiert ist, kann eine überlegte Entscheidung treffen.

Quelle: Laura Brödel für Klinikum Altmühlfranken

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