Gunzenhausen als barocke Residenzstadt

Gunzenhausen – Vortrag von Werner Mühlhäußer zu den Aufenthalten des Markgrafen Carl Wilhelm Friedrich in Gunzenhausen in der Stadt- und Schulbücherei

Stadtarchivar Werner Mühlhäußer berichtete über das Leben des „Wilden Markgrafen“

30 Jahre lang hat er Stadtgeschichte geschrieben und bis zu seinem Tod das kleine Gunzenhausen seiner eigentlichen Residenzstadt Ansbach vorgezogen. Im Jahr 1757, vor 260 Jahren, starb Carl Wilhelm Friedrich, Markgraf zu Brandenburg-Ansbach in seinem herrschaftlichen Schloss, dem heutigen Gunzenhäuser Rathaus.

Durch seine vielen Aufenthalte, wurden in Gunzenhausen auch Regierungsgeschäfte getätigt und der absolutistische Herrscher zwang den Ansbacher Hofstaat des Öfteren, mit ihm ins kleine Gunzenhausen umzusiedeln.

Gunzenhausen war mitunter monatelang Residenzstadt – so formulierte es am Markgrafenabend in der Stadt- und Schulbücherei Stadtarchivar Werner Mühlhäußer. In seinem Vortrag ging er auf das Leben des vorletzten brandenburgischen Herrschers ein und richtete ein besonderes Augenmerk auf jene Dokumente, die das Wirken des Markgrafen in Gunzenhausen illustrieren. Dazu hatte es sicherlich umfangreicher Recherchen im Stadtarchiv und dem Fundus des Stadtmuseums bedurft.

1717 hielt sich der junge Erbprinz im Alter von fünf Jahren zum ersten Mal in Gunzenhausen auf. Werner Mühlhäußer hat einen Rechnungseintrag entdeckt, indem die Verköstigung des Erbprinzen, seines Sprachmeisters und der Kammerdiener dokumentiert wird, die beim „Engelwirt allhier“ speisten, wobei die Rechnung direkt an die Stadt ging.

Ein großes Loch in den Stadtsäckel hinterließ auch die sogenannte „Erbhuldigung“. Zum
Regierungsantritt Carl Wilhelm Friedrichs im Jahr 1728 musste Gunzenhausen 512 Gulden aufbringen, was heute einem Betrag von etwa 21 000 Euro entsprechen würde. Überhaupt musste sich eine Stadt so einen hoch herrschaftlichen Gast erst einmal leisten können: Dieser brachte beispielsweise bei einem Besuch im März 1730 seine Soldaten mit, welche auf Kosten der Stadt beim Adlerwirt Späth 76 Maß Bier tranken.

Ab 1738 häuften sich die Besuche Carl Wilhelm Friedrichs in Gunzenhausen und lassen sich bis heute durch im Stadtarchiv verwahrte Bürgermeisteramtsrechnungen nachvollziehen. Im Rekordjahr 1745 hielt sich der Markgraf insgesamt 296 Tage in Gunzenhausen auf. Das heißt: Hier wurden landespolitische Entscheidungen getroffen, Gesandte und Adelige kamen in die Altmühlstadt, um den Fürsten zu besuchen und Hofstaat und Leibkompanie gehörten zum Stadtbild von Gunzenhausen.

Werner Mühlhäußer zeigte auf, dass sich auch das Stadtbild damals in Richtung Residenzstadt
veränderte: Der ursprüngliche Oberamtshof wurde zum fürstlichen Wohnsitz ausgebaut. 1753
errichtete man das leider nicht mehr bestehende Schlösschen Falkenlust in der Nähe der
Scheupeleinsmühle. Der zum heutigen Haus des Gastes gehörende markgräfliche Hofgarten mit einer eigenen Reitbahn war damals dreieinhalb Hektar groß und ein Gärtner mit mehreren Gehilfen kümmerte sich um Blumenfelder, Buchenalleen und Brunnen.

Wo sich Wildmeisterhaus, Reiherhaus, Fasanengarten, Kohlenhütte, Eisgrube und das Quartier für
erkrankte Soldaten der Leibkompanie befanden, lässt sich aus einen historischen Stadtplan in der
Ausstellung erkennen. Schönste Barockarchitektur bildet heute noch den südlichen Abschluss des
Marktplatzes: Hier entstand nach Plänen des Architekten Johann David Steingruber das Palais des
Obristfalkenmeisters von Heydenab.

Stadtarchivar Werner Mühlhäußer hatte für seinen Vortrag eine Vielzahl von Quellen aufgetan: Briefe, Amtsrechnungen, Schriftwechsel aus dem Stadtvogtamt und Aufzeichnungen über Beschwerden und Gerichtsurteile.

Der Markgraf Carl Wilhelm Friedrich war ja der Falkenjagd sehr zugetan, hat im Laufe seines Lebens nahezu 35 000 Stück Wild erlegt und alles in sein Beizbüchlein eintragen lassen. Die Jagdleidenschaft führte dazu, dass rund um Gunzenhausen kilometerlange Reitwege angelegt und mehr als 60 Stege errichtet wurden.

War ein Weg nicht in Ordnung, konnte das auch für die Mitglieder des Gunzenhäuser Stadtrates
unangenehm werden. So erging es den Ratsherren und Baumeistern Sebastian Deuerlein und Leonhard Preu, die wegen schlechter Wege zuerst in Haft genommen wurden und schließlich mit einigen Arbeitern die Schäden drei Tage lang eigenhändig beseitigen mussten. Trotz dieser Härte hält Stadtarchivar Mühlhäußer die Gerüchte, der Markgraf habe im Zorn beispielsweise einen Schäfer getötet, der mit seiner Herde nicht schnell genug Platz gemacht hatte, für unhaltbar: „Den Beinamen Wilder Markgraf hat Carl Wilhelm Friedrich erst lang nach seinem Ableben erhalten!“

Quelle und Bilder: Stadt Gunzenhausen

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