„Sparer müssen umdenken“

Gunzenhausen – Nullzins, Bitcoin und Handelskrieg. Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka, zeigte anlässlich des Sparkassen-Forums „Wirtschaft und Finanzmärkte – Was kommt nach dem Boom“ vor über 200 Kunden der Sparkasse Gunzenhausen auf, was an den Märkten zu erwarten ist und was diese Entwicklung für die hiesigen Sparer bedeutet.

von links nach rechts, Jürgen Pfeffer, Vorstandsmitglied, Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka, Burkhard Druschel, Vorstandsvorsitzender.

Die Nullzinsen machen auch vor Gunzenhausen nicht halt. Was können Sparer tun, um das Ersparte dennoch zu mehren? Diese und andere zentrale Fragen beantwortete Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka, bei seinem Vortrag. Burkhard Druschel, Vorstandsvorsitzender, freute sich, den renommierten Gastredner den zahlreich erschienenen Kunden vorzustellen.

In dem aktuell positiven Umfeld empfiehlt der Ökonom, einen Teil des Geldes in die Wirtschaft zu investieren– mit Aktien und Unternehmensanleihen. Nach Einschätzung von Kater dürfte es allein fünf Jahre dauern, bis wenigstens die Marke von 2 Prozent zurückerobert ist. Allerdings ergeben 2 Prozent Zins abzüglich 2 Prozent Inflation null. Solange die Verzinsung noch unterhalb der Inflation liegt, machen Zinssparer also sogar ein Minusgeschäft.

Was bedeutet die Zinsentwicklung für den »kleinen Sparer«?

Er sollte umdenken. Wer künftig Rendite auf Erspartes erhalten möchte, kommt aktuell an Wertpapieren nicht vorbei. Das bedeutet Anlagen in Anleihen, Zertifikate und Sachwerte, wie Aktien oder international gestreute Immobilienanlagen, so Kater. Mit regelmäßigem Wertpapiersparen nutzen Sparer den Durchschnittskosteneffekt. Das bedeutet, dass bei niedrigen Kursen für den monatlich festgelegten Betrag viele Fondsanteile gekauft werden, bei höheren Kursen hingegen weniger. Unterm Strich erwirtschaftet der Sparer so langfristig eine Rendite, ohne sich Gedanken über Aufs und Abs an der Börse machen zu müssen.

Momentan liege die Inflationsrate laut Kater in Deutschland etwa bei 1,6 Prozent. Innerhalb der Europäischen Union (EU) schwanke sie mit einer Spannweite von 1 Prozent, über 2 Prozent sei aber noch kein EU-Land gekommen. Dies prognostizierte Kater erst für Ende 2018, Anfang 2019.

Politik der Nadelstiche

Inmitten der vielen Strukturbrüche der amerikanischen Politik unter der Präsidentschaft Trumps steht die Handelspolitik ganz oben. Die Regierung legte von Anfang an einen Schwerpunkt auf die Idee, dass das Leistungsbilanzdefizit ein Ergebnis unfairer Handelsbedingungen gegenüber den Vereinigten Staaten darstellt. Das läuft zwar einigen ökonomischen Einsichten zuwider, wie etwa dass es gerade die Finanzpolitik der Regierung Trump ist, die das Defizit im Außenhandel in den kommenden Jahren noch weiter in die Höhe treiben wird. Aber das öffentlichkeitswirksame Thema eignet sich sehr gut zur Mobilisierung der eigenen Wählerschichten.

Mehr und mehr zeigt sich als weitere Triebfeder der Handelspolitik auch die Rivalität mit China, das auf verschiedenen Feldern als zunehmende Bedrohung amerikanischer Interessen wahrgenommen wird. An den Finanzmärkten fragt man sich, in wieweit die Gefahr eines Umbaus – oder gar Abrisses – des globalen Produktions- und Marktplatzes, den wir Weltwirtschaft nennen, Auswirkungen auf Finanzströme und –bewertungen haben könnte.

Die negativen Wohlstandseffekte selbst einer fortgesetzten graduellen Zurückdrängung des Welthandels wären enorm. Dass wir heute auf die größte Vielfalt an Produkten zu den günstigsten Preisen zugreifen können, die jemals einer Generation zur Verfügung gestanden hat, ist im entscheidenden Maße das Resultat der Welthandelsordnung wie sie sich in den vergangenen Jahrzehnten herausgebildet hat. Wesentliche Grundannahmen an den Finanzmärkten, von der Mäßigung von Inflationsprozessen bis hin zur erwarteten Dynamik von Unternehmensgewinnen und damit der heutige Unternehmenswert der Aktiengesellschaften, fußen auf offenen Märkten.

Es steht also viel auf dem Spiel. Daher auch die Mahnungen zur Besonnenheit. An den Finanzmärkten sei man noch dabei, den Umfang der Neuorientierung im Weißen Haus abzuschätzen, so Kater. Die Tatsache, dass die Berater und Funktionsträger in dieser Regierung so häufig wechseln, macht es nicht einfacher.

Bitcoins sind keine Währung

Die »Zinsfalle« sei kein EU-bedingtes Phänomen, sondern weltweit zu finden, zum Beispiel auch in Japan oder der Schweiz. Der Grund hierfür liege laut Kater in der demografischen Entwicklung. Auf der ganzen Welt würden aus ökonomischer Sicht zu viele Menschen für den Ruhestand sparen. Das heißt, es gebe zu viel Kapital und zu wenig Nachfrage. Und so passiere, was mit allen Produkten passiere, die keiner haben will: Sie verlieren an Wert.

Zur technischen Entwicklung erklärte Kater, dass sich Bitcoins nicht zu einer wesentlichen Anlageform entwickeln. Von einem Bargeldverbot, das manche Finanzexperten befürchten, geht der Volkswirt nicht aus.

Druschel und Pfeffer bedankte sich für den interessanten und kurzweiligen Vortrag bei Dr. Kater. Im Nachgang beteiligten sich zahlreiche Besucher an der regen Diskussion mit dem Ökonom.

Artikelbild: Dr. Ulrich Kater während des Vortrages

Quelle und Bilder: Sparkasse Gunzenhausen – Ursula Waschkuhn-Hofmann

 

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