Veranstaltung

Von der Kunst des Wartens

Gunzenhausen – „Lese Gutes und rede darüber“ – nach diesem Motto funktioniert

Foto: Stadt- und Schulbücherei Gunzenhausen

das Literaturcafé in der Stadt- und Schulbücherei. Auch beim Herbsttermin gab es wieder eine Auswahl von 21 Neuerscheinungen aus der Fülle der Angebote zur Frankfurter Buchmesse, die von 15 Bücherfreundinnen und –freunden vorgestellt wurden.

In der Sparte Krimi gab es eine rundum positive Kritik von Christine Höller, die dem Regionalkrimi-Erstling von Anja Mäderer durchwegs gute Noten ausstellte. In „Mainleid“ begleiten die Leserinnen und Leser das junge Ermittlerteam durch Würzburg. Als Meisterin der überraschenden Wendungen lobte Annerose Schmitz die schwedische Autorin Jenny Rogneby. „Leona – Die Würfel sind gefallen“ ist der erst Teil einer Thriller-Trilogie der jungen Autorin, die selbst als Ermittlerin gearbeitet hat und Kriminologie studiert hat.

Endlich – so die Meinung von Ulrike Fischer – hat ein bundesdeutscher Verlag die britische Autorin Jane Gardam entdeckt. Mit Humor und großem Respekt für ihre Figuren erzählt Gardam die Geschichte von Edward Feathers, der nach dem Tod seiner Frau Betty hinter die Fassaden seines untadligen Lebenslaufes blicken möchte. Von der sensiblen Erzählweise Patrick Modianos angetan zeigte sich Ingeborg Darlapp. „damit du dich im Viertel nicht verirrst“ ist der jüngste Roman des Nobelpreisträgers von 2014.

Den Nerv des Zeitgeschehens getroffen hat Jenny Erpenbeck mit „Gehen, ging, gegangen“. Wie erträgt man das Verstreichen der Zeit, wenn man zur Untätigkeit gezwungen ist, wie den Verlust geliebter Menschen. Der Protagonist in dem von Cornelia Röhl ausgewählten Roman trifft auf Flüchtlinge auf dem Berliner Oranienplatz und erfährt im Kontakt mit ihnen viel von ihrem Leben, von der Angst vor Abschiebung und den Problemen der Residenzpflicht.

In die Welt der schönen Bilder und zynisch-verlogenen Marketingstrategien eintauchen kann man mit „Greenwash“ von Wolfgang Karl. Hartmut Röhl stellte diesen Roman vor, der zeigt, wie Firmen ihr Image „grün anstreichen“ lassen und sich ein Umweltaktivisten-Image zurechtschneidern lassen.

„Man ist genauso glücklich wie das unglücklichste seiner Kinder“ – Diese Weisheit trifft das Ehepaar Abby und Red, Eltern von vier Kindern, darunter ihr Sorgenkind Denny. Wer beim Lesen eine Familie mit all den kleinen und großen Sorgen kennenlernen wolle, dem legte Carolin Bayer den Roman „Der leuchtend blaue Faden“ von Anne Tyler ans Herz.

Um eine unbeugsame Fari dreht sich der Mittelalter-Roman „Ich, Eleonore, Königin zweier Reiche“. Gisela Szonn empfahl Sabine Weigands neuestes Buch, das das Leben der Eleonore von Aquitanien nachzeichnet.

Eine Biografie mit lokalem Bezug hatte Eva Thoma auf die Auswahlliste gesetzt: Tillmann Prüfer hat sich intensiv mit seinem Ururgroßvater befasst, der fast 30 Jahre lang als Missionar in Tansania gewirkt hat und dort noch immer fast wie ein Heiliger verehrt wird. „Der heilige Bruno“ – so auch der Titel des Buches – ist in Ehingen am Hesselberg begraben.

Ab und an gibt es beim Literaturcafé auch Bücher, die glatt durchfallen: Kerstin Zels hatte mit Martin Walkers misslungenem Science Fiction „Germany 2024“ einen solchen Titel erwischt. Ihr humorvoll vorgetragener und schlüssiger Verriss fand dennoch viel Beifall. Kritische Töne fand auch Babett Guthmann für die neue Salinger-Biografie von David Shields und Shane Salerno: Eine „unsortierte Materialsammlung“, anhand derer sie Salingers Aufenthalt in Gunzenhausen und Weißenburg rekonstruierte.

Coen Simons philosophisches Sachbuch „Die Kunst des Wartens“ ist eine kurzweilige Sammlung griffiger Essays, die sowohl philosophisches Wissen als auch die eigenen Erfahrungen des Autors aufgreift. Jürgen Huber empfahl das auch für Nicht-Philosophen geeignete Buch – nicht nur für lange Bahnfahrten.  Ebenfalls um das Warten ging es in dem von Monika Wopperer ausgewählten Frauenroman „Die Kunst des Wartens“. Catherine Charrier hat das Warten auf den Tag X beschrieben: Das Warten darauf, dass der Geliebte sich endlich von seiner Frau trennt.

Ulrike Zatschker überraschte mit einem in die Praxis umgesetzten Sachbuch: „Aufs Brot: Aufstriche und mehr“ hatte sie getestet und kredenzte selbst gebackene Grissini mit fruchtig-frischen Aufstrichen.

Wer bissig-kritische Sachbücher zum aktuellen Weltgeschehen mag, der ist mit „Wer den Wind sät“ von Michael Lüders gut bedient. In einem ausführlich recherchierten Rückblick erklärt der Autor, wie sehr der Westen in die heutigen Krisen im Orient verstrickt ist. „Liest sich wie ein Thriller“ – so das Urteil von Bernd Guthmann.

Ein Verzeichnis mit weiteren Buchempfehlungen zum Bücherherbst und die genannten Bücher zur Ausleihe gibt es in der Stadt- und Schulbücherei.

Quelle und Bild: Stadt- und Schulbücherei Gunzenhausen

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