Wohin, wenn ich als Kind oder Jugendlicher schon einen Angehörigen pflege?

Weißenburg – Young Carers – so werden Kinder und Jugendliche bezeichnet, die sich bereits in jun­gen Jahren um pflegebedürftige und/oder kranke An- oder Zugehörige kümmern (müssen). Das klingt absurd? Ist es aber nicht. Denn allein in Deutschland über­nehmen laut einer Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege aus dem Jahr 2017 etwa fünf Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren regelmäßig pflegerische Aufgaben, das sind hochgerechnet ca. 230.000 Jugendliche. Erweitert man die Alters­spanne auf 10 bis 19 Jahre, so gibt es nach einer Studie der Universität Witten-Herdecke 480.000 Young Carers in Deutschland. Da viele Kinder und Jugendliche und deren Familien Angst vor Ausgrenzung oder dem Eingreifen öffentlicher Stellen, wie beispielsweise dem Jugendamt haben, dürfte die Dunkelziffer noch um einiges höher ausfallen.

Doch was tun Young Carers genau? Im Grunde genommen übernehmen sie die gleichen Tätigkeiten wie pflegende Angehörige im Erwachsenenalter. Sie helfen im oder über­nehmen den Haushalt, gehen einkaufen, besorgen Rezepte und Medikamente, kümmern sich um die jüngeren Geschwister und sind Ansprechpartner in allen Lebenslagen. Sie übernehmen aber auch die Körperpflege und die medizinische Versorgung der Betroffenen, mobilisieren ihre Angehörigen und wahren das Bild der intakten Familie nach außen. Dass all das neben Schule oder Ausbildung eigentlich nicht zu schaffen ist, kann sich jeder gut vorstellen. Häufig leiden die Schulnoten, die Betroffenen ziehen sich zurück und können selten an gemeinsamen Aktivitäten mit ihren Freunden teilnehmen.

Doch es gibt Hilfe! „Kommen Dir alle diese Dinge bekannt vor? Fühlst Du Dich alleine in deiner Situation und brauchst jemanden zum Reden? Dann haben wir vom Pflegestützpunkt Altmühlfranken verschiedene Möglichkeiten für Dich. Denn Du bist es wert, dass man Dir zuhört und Du Hilfe bekommst!“, verdeutlicht Judith Thalhauser vom Pflegestützpunkt Altmühlfranken.

„Pausentaste“ (https://www.pausentaste.de/): Pausentaste ist ein buntes Angebot für Kinder und Jugendliche, die sich um ihre Familie kümmern. Bei Pausentaste können sich Betroffene kennenlernen. Sie erzählen von ihren Erfahrungen als Pflegende, aber auch von allem anderen, was sie beschäftigt: Über­forderung, Angst, Trauer, Stress, Einsamkeit oder Probleme in der Schule. Pausentaste hilft dabei, jemanden zu finden, der zuhört, die eigene Situation ernst nimmt und helfen kann. Deshalb arbeiten sie mit der ”Nummer gegen Kummer” zusammen. Wenn betroffene Personen jemanden zum Reden brauchen, sind die Beraterinnen und Berater der „Nummer gegen Kummer“ da: 116 111.

„superhands“, ein Projekt der Johanniter (https://www.johanniter-superhands.de/): Bei diesem Projekt finden Betroffene viele Informationen zur eigenen Entlastung. So haben betroffene Kinder und Jugendliche wieder mehr Freizeit. Die Themen reichen von Informationen über verschiedene Krankheiten, Tipps für das Pflegen oder auch Anleitungen für schwierige Situationen und Notfälle. Bei Fragen, Problemen oder Sorgen können sich Betroffene an ein Team von Profis wenden.

„Demenz-Buddies“ (https://desideriacare.de/demenz-buddies): Bei den Demenz-Buddies wird Beratung und Unterstützung für Jugendliche und Familien in der Pflege­situation angeboten. Neben der Online-Gruppe Demenz-Buddies werden auch Gespräche mit der ganzen Familie angeboten.

„Und wenn du bei dem ganzen Stress einfach nur einen Film schauen möchtest, um dich ein bisschen besser zu fühlen, gibt es hier Filmempfehlungen eines anderen Young Carers“, erklärt Anke Rudingsdorfer vom Pflegestützpunkt Altmühlfranken:

– „Der Junge muss an die frische Luft“ von Caroline Link

– „Wunder“ von Stephen Chbosky

– „Verstehen Sie die Beliers“ von Éric Lartigau

Weitere Themen gibt es auch unter https://young-carers.de.

„Wenn wir Dich als Kind oder Jugendlicher unterstützen sollen oder Ihnen als Angehöriger oder Nachbar eine ähnliche Situation bekannt ist, oder Sie sich über die im Landkreis bestehenden Angebote informieren wollen, können Sie sich im Pflegestützpunkt Altmühlfranken melden“, erklären die beiden Mitarbeiterinnen.

Sie erreichen den Pflege­stützpunkt Altmühlfranken unter der Telefonnummer 09141 902-570 oder per Mail an pflegestuetzpunkt@landkreis-wug.de. Geöffnet ist der Stützpunkt Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 08.30-12.30 Uhr und am Donnerstag von 14.00-16.30 Uhr.

Hintergrundinformation:

Um die vielfältigen Aspekte von Einsamkeit in den Fokus der öffentlichen Aufmerk­samkeit zu lenken, wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege der diesjährige Präventionsschwerpunkt auf die „Gesundheitlichen Folgen von Einsamkeit“ gelegt. Innerhalb dieses Rahmens wurde in Kooperation mit unterschied­lichen Institutionen im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen von der Gesundheits­regionplus eine Artikelreihe erstellt, die monatlich gezielt einen potentiell von Einsam­keit betroffenen Personenkreis anspricht und spezifische Unterstützungs-, Vernetzungs- und Hilfsangebote des Landkreises vorstellt. Anhand realer Beispiele wird versucht, auf das Thema aufmerksam zu machen und auch zu sensibilisieren. Begleitend zu der Artikelreihe informiert das Landratsamt auch auf der Homepage und den sozialen Medien über das Thema.

Quelle: Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen – Claudia Wagner

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