Weihnachtsgeschichte von Christa Milke

Gunzenhausen – Die Hobbyschriftstellerin Christa Milke aus Frickenfelden schickte uns diese schöne Weihnachtsgeschichte vom Papierstern zu.

Papierstern (Foto Christa Milke)

Der Papierstern von Christa Milke

Der Sternenhimmel funkelt mit seiner Sternenpracht, immer mehr in dunkleren Etappen. „Ha ha haha, ich krieg mich nicht…ha ha.“ „Du lachst so?…warum eigentlich?“ „Ha ha ha, weil…“

Kopfschüttelnd steht der große Engel mit seinen ausladenden Flügeln vor der lachenden Gestalt.

„Ich gewinne, ich gewinne“ prahlt der Lachende überzeugend. „Mit was gewinnst du?“ fragt der Himmelsbote den Teufel. „Dass die Person auf der Erde hier vom dritten Stock im Hochhaus Weihnachten hasst.“ „Und hat sie Weihnachten abgelehnt?“ „Ja, ha ha, bis jetzt schon.“ „Und das berauscht dich?“ „Na klar, sie ist auf meinen Wunsch  hin unzufrieden! Ha ha ha, dieser Sieg stachelt meine Freude auf.“

Plötzlich strahlt des Engels Schein um ein Vielfaches mehr als vorher. In Decken eingehüllt, sitzt im Sessel diese alte Dame. Verbittert würfeln ihre Gedanken. „Meine Kinder stellen mich aufs Abstellgleis, egoistisch leben sie und sparen nicht. Ein Dankeschön von ihnen wäre längst einmal fällig. Sie raffen sich so selten auf, um mich einmal zu besuchen. Nächtelang hatte ich damals an ihren Betten gesessen, als sie krank waren, mein Geld x-mal umgedreht, um ihre Wünsche annähernd zu erfüllen. Ich verzichtete auf neue Kleider, auf feines Essen, auf Konzerte und Theater. Was weiß der Kuckuck noch alles. Mein Witwengeld schenkt mir eingerechnet auch heute kein wunscherfüllendes Leben.“ Jemand singt „Süßer die Glocken nie klingen, als zu der Weihnachtszeit“. Sie dreht ihren Kopf in die Richtung, woher sie die Melodie vernimmt, „ach der Fernseher ist an. Dieser Weihnachtskram,“ grummelt sie. „Werde ich froh sein, wenn das alles vorüber ist. Das Fest der Liebe!“ Sie spricht abfällig,“Liebe!“ „Liebe, kenne ich schon lange nicht mehr. Einsam, Jahr um Jahr, lebe ich so dahin.“

Der Teufel reibt sich die Hände.

Es klingelt an der Tür der Klagenden. „Wer will denn bei der Dunkelheit noch was von mir?“ In ihr glimmt ein Hoffnungsschimmer, „hm, vielleicht ist es eines von meinen Kindern?“ Sie schlürft mit ihren alten Pantoffeln an die Tür. „Ich benötige dringend neue Hausschuhe, da denkt keiner der Kinder daran.“ Mürrisch reißt sie die Tür auf, schneller jedoch bis auf einen Spalt wieder zu. „Was ist denn das…?“ Handgroß tanzt ein hellgelber Papierstern vor ihrer Nase. „Hey, was soll das!“ brüllt sie aus Enttäuschung, da wieder nicht eines ihrer Kinder vor der Tür steht.“Hallo, die Weihnachtsfreude kommt,“ spricht fröhlich eine Kinderstimme:

Die Weihnachtsfreude ist da,die Weihnachtsfreude! Du bist immer so traurig, jetzt kannst du lachen, denn ich habe dir diesen Stern gebastelt, schau, die gelbe Farbe leuchtet wie angezündet, gelt.“ „Höre auf mit diesem Blödsinn.“ Entsetzt sehen zwei Augen die über Fünfzigjährige an. Tapfer bohrt das kleine Persönchen erneut „Freust du dich nicht auf Weihnachten?“ “ Nein!“ kommt es hart von den Lippen der Verbissenen.“ Aber,der Stern bringt dir doch Weihnachten, wie bei den Heiligen Drei Königen, der Stern macht die Dunkelheit wieder ganz, ganz, ganz hell, wenn du an der Krippe ankommst. Das hat meine Omi gesagt! Bist du nicht auch eine Omi?“ „Hör‘ auf, was weißt du denn schon vom Leben. Dein Stern bedeutet mir gar nichts, verschwinde!“ Die Augen der kleinen Freudenbringerin füllen sich mit Tränen.Verloren steht sie da. Die Ältere befiehlt: „Hau ab, geh endlich nach Hause,“ und entreißt der kleinen Friedensfee, deren Hals sich langsam mit einem Klos füllt, den Stern weg und wirft diesen vom dritten Stock hinab in die Tiefe. Wütend stampft das unschuldige Kind mit einem Fuß, so fest es kann, auf dem Treppenhausboden auf. Mit tränenerstickter Stimme schimpft es, „der liebe Gott wird aber traurig sein, wenn du so böse bist und sein Geschenk nicht annimmst. Ich bin wie der liebe Gott jetzt traurig, weil du so bitterböse und gemein zu mir bist. Hast du deine lieben Worte im Mund versteckt, weil die nicht herauskommen. Man ist doch nur böse, wenn man streitet,ich aber habe doch gar nicht mit dir gestritten.“ Bei diesen Worten stach etwas im Herzen der Frau. Es erinnert sie an ihre Kinder. Traurig, dennoch mit einem warmen Zug um den Mund, verschwand das Kind mit den Worten „den Stern musst du doch behalten, sonst vergisst du die Weihnachtsfreude.“ “ Verschwinde! Den brauche ich nicht!“ Prompt kehrt sich das viereinhalbjährige Mädchen von der Unzufriedenen ab. Es springt eilig die Treppen hinunter.Die Frau dreht sich ebenfalls um, schließt die Tür zu und geht in ihren warmen Wohnraum zurück. Das eben Geschehene beschäftigt sie. Die Kinderstimme, die noch in ihren Ohren nachklingt, quält.“ „Der Stern bringt dir doch Weihnachten. Der Stern bringt dir doch Weihnachten, wie bei den Heiligen Drei Königen. Der Stern macht die Dunkelheit ganz, ganz hell, wenn du an der Krippe ankommst.“ Sie ist schon lange nicht mehr an der Krippe angekommen. Viele Weihnachten verbrachte sie in Missbehagen. Die feierlichen Stunden betäubte sie mit Alkohol, um schneller ihre Gefühle zu vergessen. Wer viel Unangenehmes schlucken kann, wird mit Gutem um sich leben können. Das hat sie heute Morgen auf einem alten Kalenderblatt gelesen. Sie zuckt zusammen, denn die Türglocke schellt. „Wer kommt jetzt noch?“ Sie öffnet die Flurtür. „Du schon wieder!“ Mit einer batteriebetriebenen brennenden Kerze und dem gelben Stern steht das heldenmütige Kind erneut vor ihr. „Schau mal ins Licht der Kerze, wenn du das tust, so sagt meine Omi, dann kann sich jedes Kind auf Weihnachten freuen, auch das Kind, das im Erwachsenen wohnt. Wohnt dein Kind noch in deinem Erwachsenenkörper?“ Wie ein Vorhang fiel plötzlich die Verbitterung von der Frau. Hat sie nicht in jungen Jahren auch so gehandelt?“

„Gucke den großen Papierbogen an,“ die Verärgerte bemerkt ihn schon die ganze Zeit, da dieser ganz nah vor ihren Augen wackelte. Die Kleine zeigt mit dem linken Finger darauf. „Siehst du den Tannenbaum in der Mitte?“ „Simone vom Kindergarten hat uns erklärt, er ist das Zeichen des ewigen Lebens von Weihnachten, weil der immer grün bleibt. Und sie kreist mit ihrer kleinen Hand, in der sie noch den geretteten Stern vom Treppenhaus hält, obenauf. „Siehst du die Dinge ringsumher? Wenn all diese am grünen Tannenbaum hängen, dann wird er zum Weihnachtsbaum.“ Das Kind sieht in die Augen der Betrachtenden. „Du schickst mich gar nicht mehr fort, hast du die bösen Wörter jetzt versteckt?“ Die ungemütliche Person beugt sich über die weiter Plaudernde, „schau, da sind die Kugeln,“ erklärt ihr die Kleine. „Ja, das sind die Weihnachtskugeln“, erwidert die zugänglich Gewordene. „Die bedeuten die Erde“, legt die kleine Heldin weiter aus. „Gott hat Jesus auf die Erde geschickt, um die Menschen zu retten. Die Glocken da bedeuten den Ruf Gottes, die Engel hier erinnern an die Verkündigung. Der Apfel ist ein Symbol, so heißt das doch, vom Sündenfall. Die Kerzen reden vom Bibelvers: „Ich bin das Licht der Welt“, „seid auch ihr das Licht der Welt“. Die Schmuckketten geben an, Gott befreit uns von den Ketten des Bösen. So hat Simone das erklärt. Die Sterne zeigen den Komet der Weisen, der zum Stall geführt hat. Die Farbe Rot, ach ja, dass Jesus sein Blut für uns vergossen hat und uns vergibt. Das Gold erinnert an die Gaben der drei Könige. Die Tannenbaumspitze, ach ja, ich weiß wieder, ist der Fingerzeiger, der auf den Himmel zu Gott deutet.“

Die Zuhörende kommt mit ihrem Kopf dem Kind immer näher. Auf einmal fällt das Blatt zu Boden, der Stern fällt ebenfalls auf die schon zuvor abgestellte batteriebetriebene Kerze. Zwei kleine Kinderhände umfassen urplötzlich das Gesicht der Frau. Sie spürt auf ihrer Backe einen herzhaften Kuss. Ihr Ohr vernimmt plötzlich Worte, in denen helle Freude spürbar prickelt.“ Siehst du, jetzt hast du mit mir Weihnachten gefeiert. Der Liebe Gott ist jetzt nicht mehr traurig.“ Zwei kleine Kinderaugen strahlen. Der bestürzten Frau wird eigentümlich warm ums Herz. Sie wischt verstohlen ihre Tränen weg.

Dem Teufel jedoch ist das Lachen vergangen, groß erhaben fragt ihn sanft der Engel: „und…???“

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