Die Csárdásfürstin – Operette der Zukunft

Gunzenhausen – Eingefleischte Fans sehen das naturellement anders, doch die Kunstform der Operette hat in den letzten Jahrzehnten ordentlich Staub angesetzt. Wiederkäuende Standesdünkel, dazu schwermütige Musik und ein kriechendes Erzähltempo mit zwangsläufiger Belastung des Frontallappens – liegt Fledermaus, Wiener Blut und Co. in den letzten Atemzügen? Nein, definitiv nicht, wie die Aufführung der „Csárdásfürstin“ vergangenen Samstag in Gunzenhausen eindrucksvoll bewies. Das Ensemble der Neuen Operette Wien hat hier ein rasantes Feuerwerk abgebrannt und spielte, tanzte und sang sich zeitweise in einen mitreißenden Rausch. Das Stück wurde als „Besonderes Gastspiel“ von der Stadt Gunzenhausen veranstaltet.

Zu sehen sind Katharina Adamcyzk als Csárdásfürstin und Stefan Reichmann als Fürst Edwin von und zu Lippert-Weylersheim.

Das ungarische Musik-Mastermind Laszlo Gyüker, seit Jahren Chefdirigent des Wiener Opernballorchesters, hat dem eher unspektakulären Klang- und Songteppich der Csárdásfürstin einen dynamisch-fröhlichen „Kick“ verpasst. Im Ergebnis werden die Zuschauer emotional in die 1920er-Jahre geschickt (das Stück spielt 1916) und besonders im Ersten Akt ergriffene Zeugen eines rauschhaften Fests. Es wird nicht nur ordentlich gefeiert, gebechert und gelacht, hier wird die Essenz des Lebens zelebriert und dem Ensemble macht es augenscheinlich große Freude, auf dieser Welle der glückselig machenden Euphorie mitzusurfen. Passend dazu, die Kostüme, Glitzerkleidchen und Nadelstreifen, das Ausstattungsduo Darko Vladetic und Parsia Kananian haben hier ganze Arbeit geleistet. 

Eigentlich ist die Story längst auserzählt, diese Geschichte Emmerich Kálmáns um die Varietékünstlerin Sylva Varescu und ihren späteren Angetrauten Fürst Edwin von und zu Lippert-Weylersheim. Die beiden Texter Leo Stein und Bela Jenbach haben jedoch inhaltliche Zwischenräume neu besetzt und in diesem Zuge zusätzlich den ein oder anderen Klamauk eingebaut. Dem Stück hat das sehr gut getan, hat das Publikum doch ständig was zu Lachen. Das hilft, die Anspannung zu lösen und Rezipienten bei Laune zu halten. Ein wenig Gesellschaftskritik hier, ein bisschen Gleichstellung da, vieles davon wurde mit zwinkernden Auge serviert und entfaltete damit große Wirkung. Dazu legte das Ensemble eine performative Darbietung par excellence hin. Ein großes Kompliment ist an dieser Stelle besonders dem Schauspieler Benjamin Purner zu machen, der seinen Grauf Boni Kancsianu herrlich überdreht interpretierte und zu Recht am Ende mit großem Applaus bedacht wurde.

Bei einer Operette geht es aber natürlich auch um den Gesang, und hier braucht sich die Neue Operette Wien vor niemandem zu verstecken. Angefangen bei der formidablen Katharina Adamcyk als titelgebende Csárdásfürstin, über den aufmerksamkeitsziehenden Alexander M. Helmer als Feri von Kerekes bis hin zur wuseligen Verena Tranker als Komtesse Stasi – die schauspielenden Sängerinnen und Sänger agierten allesamt auf höchstem Niveau und verstehen sich augenscheinlich sehr gut. Da wird geflachst, gelächelt und gestupst, diese Harmonie spürt das Publikum, welches schnell eine emotionale Nähe aufbaut und mit den Figuren – trotz bekanntem Plot – bis zum Ende mitfiebert.

Die Csárdásfürstin war ein Erlebnis und es ist zu hoffen, dass wir in Gunzenhausen noch häufiger das Ensemble der Neuen Operette Wien begrüßen dürfen. Im Theaterprogramm geht es aber erst einmal mit einem Musical weiter. Am Samstag, 2. März 2024, wird um 19.30 Uhr in der Stadthalle „Siddhartha – Das Musical“ aufgeführt. Nähere Informationen hierzu gibt es wie gewohnt auf der Internetseite www.gunzenhausen.info.

Quelle und Bild: Stadt Gunzenhausen – Manuel Grosser

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