Gunzenhausen – Annähernd drei Jahrzehnte hat das umtriebige Fauré Klavierquartett mittlerweile auf dem musikalischen Buckel. Altersmüde Oldtimer sind Erika Geldsetzer, Sascha Frömbling, Konstantin Heidrich und Dirk Mommertz deswegen noch lange nicht. Ganz im Gegenteil, scheinen sich die vier Ausnahmekünstler aktuell auf dem Peak ihres Schaffens zu bewegen. Ihre frischen, ja teilweise performativen Interpretationen der großen Meister sind feinste Musikchirurgenarbeit. Sie setzen Akzente, sei es durch auffällige Bewegungen während des Spiels, rote Farbtupfer in der Abendgarderobe oder eben aufgrund des spielerischen Niveaus. Auf der Suche nach der musikalischen Essenz werden Zuhörerinnen und Zuhörer in außergewöhnliche Erfahrungswelten entführt. Am letzten Sonntag war das Fauré Klavierquartett im Rahmen der Gunzenhäuser Klassikreihe in der Stadthalle zu Gast.
Selbstredend dürfen Werke Gabriel Faurés bei einem Konzert des Fauré Klavierquartett nicht fehlen. Am Konzertabend waren die „Drei Lieder“, u.a. das dramatische „Note Amour“ und das Wiegenlied „Les Berceaux“ die schwächsten Stücke, wobei „schwach“ eine unverschämte Einordnung für Darbietungen dieser Qualität ist. Doch wie lässt sich durchgehend höchstes Niveau, das einer rauschhaften Sinneserfahrung gleichkommt, angemessen einordnen und abstufen? Schwierig, aber nicht unmöglich, denn an Fauré schloss eine Interpretation eines Klavierquartetts Robert Schuhmanns an. Selten hat der Verfasser dieser Zeilen mehr Freude beim Klavierquartett Es-Dur op. 47 erfahren dürfen. Das Fauré Klavierquartett spielt wahrlich meisterlich mit einer großen Portion Hingabe.
Nach der Pause dann das Highlight, interpretiert wurden Modest Mussorgskijs „Bilder einer Ausstellung“. Bilder ist hier wörtlich zu nehmen, handelt es sich doch um einen musikalischen Rundgang von einem (Hör)-Kunstwerk zum nächsten. Zwischen den Bildern, den Ausschlag für das Jahrhundertwerk gab die Gedächtnisausstellung für Viktor Hartmann, flaniert Zuhörerin und Zuhörer beschwingt auf einer bunten, tongewordenen „Promenade“. Mussorgskijs Jahrhundertstück ist ein fragmentarisches Meisterwerk, schwierig zu spielen und anspruchsvoll zu hören. Dabei variieren die Motive in einem warmen Sommerregen der Emotionen. „Gnomus“ z.B. könnte die Soundkulisse für einen schwarz-weiß Horrorfilm aus den Hammer-Studies sein. „Ballett der unausgeschlüpften Küken“ ist herrlich überdreht und „Das Heldentor“ einfach nur episch. Diese intensive Vielfalt, in konzentrierter Form von den vier Musikern genial dargeboten, ist eine Huldigung und tiefe Verneigung vor den schier unendlichen Möglichkeiten klassischer Musik. Das Fauré Klavierquartett schwingt den metaphorischen Pinsel und malt alle Bilder in stimmungsvolle Klangfarben.
Mit dem fulminanten Konzert des Fauré Klavierquartetts fand die 3. Gunzenhäuser Konzertreihe ein Ende. In der vierten Saison, die am Sonntag, den 6. Oktober 2024, startet, dürfen sich Klassikfans u.a. auf das Morgenstern Klaviertrio, den Trompeter Simon Höfele und das Simply Quartett freuen. Nähere Informationen hierzu gibt es unter www.gunzenhausen.info. Die Konzertreihe wird durch die Vereinigten Sparkassen Gunzenhausen finanziell unterstützt.
Quelle und Bilder: Stadt Gunzenhausen – Manuel Grosser